von Kunstmuseum-Hamburg.de
AS regere Interesse lür künstlerische Illustrierung und Ausschmückung der Bücher, das in erster Linie dem Kupferstich zugute kam, gibt auch dem Holzschnitt, der seit dem XVII. Jahrhundert als Kunst kaum mehr in Betracht kommt, wieder einen neuen Anstoss. Der Mann, der in Deutschland mit der alten Technik zuerst wieder höhere künstlerische Anforderungen zu befriedigen versucht hat, Johann Georg Unger (geb. zu Goos bei Pirna 1715, gest. zu Berlin 1788), war von Beruf Buchdrucker. Er beginnt damit, für den Bedarf der Druckereien, in denen er tätig ist, Initialen und Verzierungen in Holz zu schneiden und gelangt nach und nach, unermüdlich an der Vervollkommnung seiner Technik arbeitend, zu Leistungen von künstlerischer Sauberkeit und Rundung. Es handelt sich für ihn als Techniker zunächst wesentlich um die technische Aufgabe, da wo das Bild mit dem Typensatze abgedruckt oder in grossen Massen vervielfältigt werden soll, den Kupferstich wieder durch den billigeren und typographisch ungleich ergiebigeren Holzschnitt zu ersetzen. Er beschränkt sich deshalb auch meist darauf, Kupferstiche in Holzschnitt zu kopieren, und zwar sind es vornehmlich die Blätter des Berliner Stechers Joh. Wilh. Meil, die er sich zu Vorbildern nimmt. Etiketten für die Tabaksmanufaktur gaben ihm, seit er sich ausschliesslich der Holzschneidekunst gewidmet hatte, neben Ornamenten und kleinen Bildchen für Kalender und andere Bücher einen dürftigen Broterwerb (s. Abb.). Nur selten wagte er sich an grössere Kompositionen, wie in den fünf Genredarstellungen nach Meil, die er 1779 herausgab. Unger ist in der Ornamentik weniger fein, im Figürlichen aber viel geschickter und geschmackvoller als Papillon, mit dem er technisch manche Berührungspunkte aufweist.
Johann Georgs Sohn und Schüler Johann Friedrich Gottlieb Unger (1753 —1804) arbeitet mit Eifer und Pietät an der Vervollkommnung der Technik, die er später als Lehrer an der Berliner Kunstakademie weiter zu verbreiten berufen wurde. Auch er nimmt sich hauptsächlich Kupferstiche von Meil zu Vorbildern und sucht dabei die dem Holzschnitte eigene Kernigkeit der Linie und Kraft der Töne zur Geltung zu bringen. Seine eigene Zeichenkunst, die er öfters in Bildnissen, Vignetten und Illustrationen zeigt, ist recht dürftig. Auch sein Verdienst liegt nur im Technischen, in der Sauberkeit und Sorgfalt der Ausführung und in der Abstufung der Töne vom kräftigen Vordergründe zum matten, offenbar durch Beschaben des Holzstockes tiefer gelegten Hintergründe. Unger der Jüngere hat auch Versuche im Farbendruck gemacht, z. B. in dem Medaillonbildnis des B. Chr. Breitkopf, das mit drei bräunlichen Tonplatten in eine grün überdruckte Umrahmung eingepasst ist.
Die beiden Unger und auch ihre unmittelbaren Nachfolger wie Joh. Chr. Friedrich und Friedrich Wilhelm Gubitz, der später Lehrer an der Akademie wurde, schneiden noch in der alten Weise mit dem Messerchen in Langholz. Der moderne Ton-Holzstich, der mit dem Stichel in Hirnholz arbeitet, und der zuerst in glänzender Weise von Unzelmann in Menzeischen Illustrationen verwendet worden ist, scheint in Deutschland erst durch die englischen Vorbilder, vor allem durch Bewicks Arbeiten, Eingang gefunden zu haben. Doch verdankt der deutsche Holzschnitt, besonders der volkstümliche Ulustrationsstil, der sich an Ludwig Richters Meisterwerken entwickelte, dem Beispiel der Unger ohne Zweifel wertvolle technische Anregungen. Sie sind jedenfalls die ersten, die die alte Kunst durch ihre hingebende Begeisterung wieder zu Ehren gebracht haben.
Aus dem Buch: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten aus dem Jahre 1911, Autor Kristeller, Paul, 1863-1931.
Siehe auch: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Vorwort, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Die Technik des Bilddruckes, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Das fünfzehnte Jahrhundert – Der Holzschnitt in Deutschland, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Deutschland und in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in England, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in Spanien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Holzschnitt und Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Holzschnitt in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in Deutschland, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Die Schabkunst in Deutschland, in den Niederlanden und in England, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Holzschnitt in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Farbenkupferstich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Italien.