von Kunstmuseum-Hamburg.de
Hier gezeigte Abbildungen:
Jean Baptiste Le Prince – Die Reisenden
S kann nicht Wunder nehmen, dass man ln einer Zeit, in der die Technik des Kupferstiches den Höhepunkt der Vollendung erreicht zu haben schien, in der Grabstichel und Nadel ernstlich glaubten, mit dem Pinsel in Wettstreit treten zu können, den Gedanken, durch Hinzufügung der Farbe den Kupferstich der Malerei gleichzustellen, mit Eifer verfolgte. An Vorstudien hatte es nicht gefehlt. Die Versuche, mit verschieden eingefärbten Holzschnittafeln Buntdrucke zu erzeugen, reichen, wie wir gesehen haben, bis in den Anfang des XVI Jahrhunderts zurück. In Herkules Seghers farbigen Radierungen lagen deutliche Ansätze für eine Ausbildung des Kupferstiches nach dieser Richtung.
Die melodiöse Kunst Watteaus und Bouchers, die überall, was ihr an Ernst und Tiefe des Inhalts und des Naturstudiums abging, durch sinnliche Reize der einschmeichelnden Formen und Farben zu ersetzen suchte, hatte den Kupferstich in diese Bahnen gelockt. Durch alle Feinheiten der alten Technik und durch neue graphische Methoden suchen nun die Techniker des Kupferstiches der Wirkung der Oelmalerei, des Aquarell, des Pastell und der farbigen Zeichnung näher zu kommen. Es wird dadurch der Verwendung von Farben im Kupferstich erfolgreich* vorgearbeitet. Allerdings wird man nicht leugnen können, dass hierbei meist das technische Interesse das künstlerische weit überwiegt. Alle neuen technischen Verfahren dieser Art sind in Frankreich erfunden und ausgebildet worden und haben erst von hier aus weitere Verbreitung gefunden.
Den eigentlichen Kupfer-Farbendruck, d. h. die Herstellung farbiger Bilder auf mechanischem Wege durch das Uebereinanderdrucken einzelner, mit verschiedenen Farben genetzter Kupferplatten, hat man zuerst mit Hilfe der Schabkunst versucht. Jacob Christoph Le Blon (geb. in Frankfurt 1667, gest. in Paris 1741) ist der Erfinder dieses Verfahrens. Er wurde von C. Meyer in Zürich unterrichtet und bildete sich dann in Italien bei Maratta weiter aus. Später kam er nach Holland, wo er die ersten Versuche in Farbendruck anstellte. Auf Grund der Theorie Newtons, dass alle Farbentöne sich aus den drei Grundfarben blau, gelb und rot zusammensetzen Hessen, suchte er mit drei geschabten, je für eine dieser Farben bestimmten Platten Bilder herzustellen, die, nachdem sie einen Uebcrzug von Oel erhalten hatten, der Wirkung von Oelgemälden gleichkommen sollten. Schon 1711 sah der Maler Uffenbach in Le Blons Atelier Kupferbuntdrucke dieser Art. In London gelang es ihm dann eine Gesellschaft zur Herstellung solcher Bilder zu gründen, die aber bald zusammenbrach. obwohl eine grosse Anzahl von Drucken hergestellt und zum Teil auch verkauft worden war. Ein zweites ähnliches Unternehmen, das er 1732 in Paris zustande brachte, misslang ebenfalls. Der unerschütterliche Mann setzte aber seine Arbeiten und Experimente demungeachtet unablässig fort und wirkte durch Schriften und durch die Tat bis an sein Ende für seine Idee. Noch kurz vor seinem Tode erhielt er 1740) ein königliches Privileg.
Einige Drucke, die wesentlich mit radierten und gestochenen Platten hergestellt sind, wirken noch matt und hart im Ton, z. B. das Bildnis des Kardinals de Fleury. Satter und verschmolzener sind die Töne der nur mit geschabten Platten gedruckten Bilder. In dem wohl in London entstandenen Bildnisse König Georgs II. von England, das zu seinen gelungensten Werken gehört, sind die Töne leuchtend und klar und nähern sich in der Tat der Wirkung der damaligen Technik der Oelmalerei. Auch andere Bildnisse, besonders das König Ludwigs XV., haben ansprechende, aber meist zu matte und verblasene Farbenstimmung. Noch grösseren Schwierigkeiten begegnete die Reproduktion von älteren Werken der Malerei, die Le Blon unternahm. Die Kinder König Karls I. nach Van Dyck, die Engel nach Correggio und andere sind als Reproduktionen wenig gelungen, ohne Harmonie und Leuchtkraft der Farben.
Le Blon hatte, um dem Prinzipe des Dreifarbendruckes treu zu bleiben, die Benutzung einer vierten Platte für die tiefschwarzen Töne fast immer vermieden. Seine Schüler und Nachfolger sahen sich zu diesem und anderen Kompromissverfahren gezwungen, konnten es jedoch ebenfalls über das Stadium der Versuche kaum hinausbringen. Le’Blons Schüler Jacques-Gautier Dagoty (1717—1786) ist weniger tüchtig und erfolgreich gewesen als sein Sohn Edouard-Gautier Dagoty (gest. 1783), der eine Reihe von besseren Leistungen aufzuweisen hat, z. B. die Leda und den bogenschnitzenden Amor nach Correggio, Tizians Venus und andere Gemälde der Galerie d Orleans (1780 und das Bildnis der Gräfin Dubarry. Er bleibt aber ebenso wie andere hinter Le Blons besten Arbeiten zurück. Das Verfahren, das eine grosse Fertigkeit in der Schabtechnik erforderte und auch sonst mit den grössten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, fand in Frankreich nur wenige Adepten. In Italien scheint nur Giov. Paolo Lasinio sich mit einigem Erfolge dieser Technik befieissigt zu haben, ln Deutschland haben Joh. Peter Pichler 1765— 1806 und Franz Wrenk (1766—1830 in Wien einige wenig gelungene, ziemlich bunte und harte Blatter in Farbenschabkunst gefertigt.
Erst durch die Verwendung der Aquatinta-Manier (au lavis) nahm der Farbenkupferdruck in Frankreich einen bedeutenderen Aufschwung. Jean Baptiste Le Prince (1734-1781), von dem als Radierer und Illustrator schon die Rede war, wird als der Erfinder dieser Technik angesehen, ein Verdienst, das aber auch andere für sich in Anspruch genommen haben. Pierre-Francois Charpentier hat jedenfalls schon vor Le Prince, für die zweite Auflage von Crozats „Recueil d’estampcs“ von 1763, eine Reihe von Zeichnungsreproduktionen in Aquatinta ausgeführt. Le Prince hat zuerst seine Skizzen und Kostümbilder aus Russland in dieser Manier herausgegeben (1768) und damit grossen Beifall geerntet. Das leicht zu handhabende Verfahren der Aquatinta gestattete, Fuschtöne, die vorher durch Schabkunst nur unvollkommen wiedergegeben werden konnten, fast täuschend nachzuahmen. Le Princes Aquatinta-Blätter sind ebenso fein und geistreich ausgeführt wie seine Strichradierungen. Neben 96 Radierungen gewöhnlicher Art zählt man von ihm 179 Werke in Lavis, hauptsächlich Bilder aus dem russischen Leben, Landschaften, Volkstypen und Genreszenen. Die bekanntesten seiner meist heiteren, oft auch frivolen Darstellungen sind der „Poele“ (1770), die „Lampe polonaise“, „Danse Russe“, „La jar-diniere“, „La musicienne“, „Les laveuses“, „Les voyageurs“ (s. Abb.). Die Druck-färbe ist so gewählt, dass die Töne des Bisters und der chinesischen Tusche, die man für solche Skizzen in der Originalausführung verwandte, möglichst täuschend nachgeahmt wurden. Le Prince hat damit schon selber auf die Verwertung seiner Technik für den Farbendruck hingewiesen.
Diesen Schritt, durch den die Aquatintatechnik eine neue Bedeutung gewann, scheint Francois janinet (1752—1 813) getan zu haben. Er nennt sich wenigstens selber auf einem Blatte Erfinder des Lavisfarbcndruckes, und in der Tat scheinen seine Arbeiten die ältesten zu sein. Er hat jedenfalls mit seinen Farbendrucken ungleich grössere Erfolge erzielt als mit seinen missglückten Versuchen als LuftschifFer, die ihm nur Schaden und Spott eintrugen. Die Umrisse und die Arbeit der Roulette treten in seinen Drucken noch etwas stärker hervor als in denen seiner Nachfolger, er erreicht aber durch den Uebereinanderdruck von mehreren, die verschiedenen Farben auftragenden Aquatintaplatten oft schon die diskretesten und ansprechendsten Wirkungen. Seine Absicht geht sowohl au t die Nachahmung Feinster GouachemaJereien, wie der eines Lavreince, Baudouin, Charlier und Caresme, als auch auf die täuschende Wiedergabe von Aquarellzeichnungen feinster Ausführung, wie z. B. den italienischen Veduten Hubert Roberts. Im Gegensatz zu Le Blon vermeidet er klug und feinfühlig die Reproduktion von Oelgemäldenund anderen Werken monumentalen Charakters.
Nach Fragonard hat faninet unter anderem zwei kleine Rundbilder: l´Amour und la Folie (1777) ausge Führt, nach Huet die Geburt des Dauphin. Einige Bildchen nach Lavreince wie die „Comparaison“, das „Aveu diflicilc“, „L’indis-cretion“, sind trotz aller Feinheit noch etwas stumpf und hart im Ton.
In den „Costumes des grands théätres de Paris“, in denen bestimmte Schauspielerinnen in ihren Hauptrollen dargestellt sind, verbindet sich das künstlerische Interesse mit dem der Aktualität, das auch in den historischen Darstellungen aus der Revolution vorherrscht. Die rein durchgeführte Miniaturarbeit mit vertriebenen Tönen gelingt ihm weniger gut als die Nachahmung skizzenhaft getuschter Aquarelle. Seine Reproduktionen nach getuschten Zeichnungen von Adriaen van Ostade und besonders die römischen Ansichten nach Hubert Robert und seine Pariser Veduten zeigen seine technische Geschicklichkeit und sein künstlerisches Feingefühl von ihrer besten Seite. Unter seinen Bildnissen haben sich die der Königin Marie Antoinette in goldverzierter Umrahmung 1774} und der königlichen Modistin Mademoiselle Bertin, die Büsten Henrys IV. und Sullys u. a. m. auch neben den späteren Leistungen dieser Technik zu behaupten vermocht.
Zu seiner höchsten Vollendung gelangt der Lavis-Farbendruck in den Hauptwerken des Louis Philibert Debucourt Paris 1755 —1832). Während Janinet nach Zeichnungen und Bildern anderer arbeitet, vervielfältigt Debucourt nur seine eigenen Erfindungen, die an künstlerischer Qualität und an Reichtum des Inhalts auf der Höhe der Modekunst der Zeit stehen. Er berechnet seine Arbeiten von vornherein auf die Ausführung in Aquatinta und kann deshalb leichter alle ihre Vorteile ausnützen. Debucourt wurde 1781 als Genremaler in die Akademie aufgenommen und widmete sich seit 1785 ganz der Vervollkommnung und Verwertung des Lavisbuntdruckes. Seine ersten Versuche, selbst noch das reizende „Menuet de la mariee“ (1786 , sind etwas hart und fleckig, nicht ganz ausgeglichen in der Tönung. Auch eines seiner Hauptwerke, die berühmte „Promenade du palais royal“ (1787), zeigt noch die matteren, trockeneren Töne Janinets, seine rötlich-violetten und bläulichen Tinten. Die Ausführung ist von miniaturartiger Feinheit, eine höchst gelungene Nachahmung der Gouachemalerei, aber mit eigenen farbigen Reizen. Hier herrscht die dämmerige, staubige Atmosphäre der Gartenarkaden, in der „Promenade publique“ von 1792, dem Meisterwerke Debucourts, flutet das volle Sonnenlicht durch die Bäume des Parks über die bunte Schar der eleganten Spaziergänger. Die Verschmelzung der Tone, in der die Hauptschwierigkeit der Technik bestand, ist ihm in diesem Werke vollkommen gelungen, alle Stumpfheit und Trockenheit der Farben ist überwunden und eine reiche Skala heller, matt glänzender und satter Töne, eine volle, ganz harmonische Bildwirkung erreicht. Die Granierung ist so zart, dass man das Korn kaum mehr bemerkt und die Aquarellfrische der leichten Pinselstriche zu fühlen glaubt. Debucourt hat für seine feinsten Arbeiten bis zu neun Platten benutzt, neben dem Lavis Schabkunst, Roulette und Nadel verwendet und auch sehr kräftige schwarze Schattentöne und helle Lichter erzielt. In der Wiedergabe glänzender Seidenstoffe mit ihren Lichtfleckchen, feiner Spitzen und zarter Leinengewebe kann er mit einem Netscher oder Terburg wetteifern.
Debucourt zeigt sich in diesen Blättern als ein Sittenschilderer von Scharfblick und Humor. Die Naturwahrheit und die Genauigkeit in der Wiedergabe des Einzelnen — man glaubte sogar bestimmte Personen in den Figürchen erkennen zu können — bürgen für die Treue der Schilderung, die uns wohl mit Unrecht etwas karikiert erscheint. Liebenswürdig heitere Familienszenen stellt er in einer Reihe anderer, gleichzeitiger Werke dar, z. B. in der „Fete de grand-mama“ (les bouquets) und dem Neujahrsglückwunsch (les compliments). Etwas karikierter scheinen seine späteren, um 1800 entstandenen Sittenbilder, z. B. die „Galants surannees“, die „Coquette et ses Alles“, die „Manie de danse“, in denen sich der englische Einfluss schon bemerkbar macht. Ueberhaupt hält sich der Künstler nicht lange auf seiner Höhe. Die technische Ausführung wird oberflächlicher und ärmlicher und die Nachhilfe des Pinsels immer stärker in Anspruch genommen. Die Karikaturen nach Carle Vernet bewahren nur noch wenig von der entzückenden Feinheit jener früheren Meisterwerke. Die Rücksichtnahme auf die Vorliebe des grösseren Publikums für bunte, humoristische Bilder ist dem künstlerischen Farbendruck verhängnisvoll geworden. Die Vorzüglichkeit seiner besten Arbeiten zeigen nur noch einige Bildnisse Debucourts, wie die Ludwigs XVI., Lafayettes und des Herzogs von Orleans.
Hinter den beiden Hauptmeistern des Farben-Kupferstichcs, Janinet und Debucourt, stehen die zahlreichen übrigen Künstler, die sich dieser Technik gewidmet haben, durchgehends weit zurück. Einer der besten Meister ist Janinets Schüler Charles Melchior Descourtis (1753—1820). Die „Foire de vil-lage“ und die „Noce de village“ nach Taunay sind seine besten Werke; auch die Ansichten von Rom und Paris sind vortrefflich ausgeführt. Dagegen gehören seine Illustrationen zu „Paul et Virginie“ und zum Don Quixotte und anderes schon zur schwachen Marktware des Buntdruckes. In seinen Bildnissen kann Pierre Michel Alix (1762 —1817) oft Janinet und Debucourt fast an die Seite gestellt werden. Er ist mit der Zeit mitgegangen und hat nacheinander Marie Antoinette nach Vigee Le Brun, Mirabeau, Marat, Charlotte Corday, Napoleon, Papst Pius VII. und Louis XVIII. porträtiert, ausser anderen politischen und wissenschaftlichen Berühmtheiten. Weniger gelungen sind seine Reproduktionen nach Fragonard und anderen Malern. Auch an den „Costumes des grands theätres“ hat er im Verein mit Ant. Fr. Sergent und Ride gearbeitet. Ausserdem seien noch die Bildnisse Louis-Jean Allais und Laurent Guyots „Cris de Paris“ und seine Landschaften erwähnt.
Die Meister des Buntdruckes haben sich, wie schon bemerkt, nicht auf die beiden grundlegenden Techniken der Schabkunst und der Aquatinta beschränkt, sondern ausser der Linienradierung und der Stichelarbeit auch die sogenannte Crayonmanier, die Roulettenarbeit zur Mithilfe herangezogen. Diese Technik ging allerdings ursprünglich nur auf die Nachahmung der Kreide- oder Rotstiftzeichnung aus, wurde aber sehr bald durch den Modegeschmack und auch durch ihre eigene Vorliebe für die Faksimilierung von Zeichnungen auf den farbigen und mehrfarbigen Druck gelenkt. Die Ehre der Erfindung der Crayonmanier haben mehrere Künstler, jeder mit gleicher Bestimmtheit für sich in Anspruch genommen. Jeder von ihnen mag unabhängig sein Verfahren ausgebildet haben oder wenigstens die Arbeiten der anderen im Verhältnis zu den eigenen Verbesserungen für unerheblich gehalten haben.
Jean-Charles Francois (1717—1769) scheint der erste gewesen zu sein, der, angeblich schon um 1740, versucht hat, die körnigen Linien der Kreid oder Rotstiftzeichnung durch geätzte Punktierarbeit nachzuahmen, er ist jedenfalls der erste, der mit der Crayonmanier künstlerische Erfolge erzielt hat. Sein Verdienst besteht darin, die alte Punktiertechnik, die schon seit Giulio Cam-pagnola bekannt war und später von Franz Aspurck und Lutma gepflegt worden ist, durch die Verbindung mit der Radiertechnik praktisch und künstlerisch leichter verwertbar gemacht zu haben. Die Roulette, das wichtigste Werkzeug der Crayonarbeit, scheint jedoch schon lange vor ihm und auch vor Demarteau, der als ihr Erfinder gilt, bekannt gewesen zu sein. Im Jahre 1757 trat Francois zuerst mit Stichen in Crayonmanier an die Oeffentlichkeit, die Beachtung fanden und ihm Eintritt in die Akademie und später eine königliche Pension verschafften. Er gab dann Zeichnungen nach Eisen, nach Flolbein und nach der Antike, Ornamentblätter und eine Zeichenschule in dieser Technik heraus. Unter seinen Bildnissen sind die des Francois Denis und seiner Gattin die vorzüglichsten. Interessant ist sein Versuch, in dem Bildnis des Francois Quesnay (1767) alle bis dahin bekannten Techniken des Kupferstiches zur Anwendung zu bringen. Grabstichel, Radierung, Schabkunst, Aquatinta und Crayonmanier müssen helfen, jeden Teil des Bildes in seiner Stofflichkeit möglichst getreu wiederzugeben. In einer beigefügten Erläuterung hebt der Künstler die Mannigfaltigkeit in der Ausführung seiner Arbeit hervor. Künstlerisch ist dieser Versuch recht wenig befriedigend ausgefallen, er ist aber charakteristisch für den Menschen und auch für die Vorliebe der Zeit für technische Spitzfindigkeiten.
Francois Verfahren ist von Gilles Demarteau (Lüttich 1722—1776 Paris), der neben M. Magny und Bonnet ebenfalls als ihr Erfinder bezeichnet wird, bedeutend vervollkommnet worden. In seinem Werke von 729 Stichen wirkt allerdings die Masse sehr ermüdend, einzelne Blätter sind aber gegenständlich und durch ihre technische Vollendung wertvoll und anziehend. Der Charakter des Kreidestriches ist in Demarteaus Reproduktionen fast täuschend wiedergegeben. Er wagte sich auch an die Zeichnungen alter Meister, besonders glücklich sind aber seine Faksimilestiche nach Stiftzeichnungen zeitgenössischer Künstler wie Huet, Cochin, Pierre und vor allem Francois Boucher. Vortrefflich ist z. B. das Bildnis des Carle Vanloo. Weiteren Kreisen hat sich Demarteau besonders durch seine Zeichenvorlagen bekannt gemacht. Die Crayonstiche werden, um den Originalen möglichst nahe zu kommen, oft in roter oder blauer Farbe auf farbig getöntes Papier abgedruckt, manchmal sogar mit dem Pinsel weiss gehöht. Auch Demarteau brachte es als Akademiker zu hohen Ehren.
Der mehrfarbige Druck mit Hilfe des Crayonverfahrens, den auch Demarteau versucht hatte, verdankt seine Ausbildung besonders Louis-Marin Bonnet (1743 —1793)- Auch er gab sich als Erfinder der Crayontechnik aus und hatte insoweit ein gewisses Recht dazu, als er nicht bloss die lineare Kreidezeichnung, sondern auch wirkliche Pastellbilder nachzuahmen verstand. Im Jahre 1769 gab er eine Schrift „Le pastel en gravure invente et execute par Louis Bonnet“ heraus. Seine Drucke mit verschiedenfarbigen Platten in Crayonmanier haben allerdings weniger Bedeutung gewonnen als der Lavis-Farbendruck und die Punktiermanier, unter seinen über 1000 Stichen befinden sich aber zahlreiche mehrfarbige Pastellbilder von grosser Vorzüglichkeit. Bonnet kombiniert sein Verfahren häufig mit Schabkunst und anderen Techniken, er hat es sogar fertig gebracht, die Lichter in den Zeichnungen mit weiss und die Umrahmungen seiner Bilder mit Gold aufzudrucken. Trotzdem kann oder will er der Beihilfe des Pinsels oft genug nicht entraten. Wie Demarteau benutzt auch Bonnet in erster Linie Zeichnungen von Boucher und Huet als Vorlagen, er hat aber auch nach vielen anderen Meistern und nach eigenen Erfindungen Buntdrucke ausgeführt. In der Zeit der Revolution arbeitet Bonnet wie viele seiner Kunstgenossen stark für den patriotischen Augenblicksbedarf. Aktualitäten aller Art, Bildnisse und humoristische Darstellungen, wie die „Cris de Paris“ gingen ebenso wie Zeichenvorlagen in grosser Zahl aus seiner Werkstätte hervor. Die Arbeit wird auch bei ihm, wie bei vielen anderen Crayonstechern, zum Teil recht geschäftsmässig und wenig künstlerisch betrieben.
In Holland hat Cornelis Ploos van Amstel (1726-1890), ein wohlhabender Amsterdamer Kunstsammler und Dilettant, durch eine äusserst geschickte Verwendung des Crayon-Farbendruckes nach Zeichnungen alter Meister Faksimile-Reproduktionen von grosser Vollendung angefertigt. Seine q.6 Nachbildungen von Zeichnungen Ostades, Rembrandts, Van Dycks, Metsus, Potters u. a. m., die 1765 — 82 erschienen, sind auch heute noch hoch geschätzt. Auch in Deutschland fand die Zeichnungsreproduktion in Johann Theophil Prestel (1739 bis 1 808) einen eifrigen Vertreter. Prestel arbeitete mit seiner Frau Catharina und mit seiner Tochter in Nürnberg und in Frankfurt und hat zum Teil in Crayonmanier, zum Teil in Aquatinta eine grosse Anzahl von Meisterzeichnungen, z. B. die des Praunschen Kabinetts in Nürnberg (1778—1780) recht gut wiedergegeben.
Die Flächenpunktiermanier, das „stipple work“, das Bartolozzi so glücklich für den Farbenkupferstich zu verwenden wusste, ist ebenso wie früher die Schabkunst in Frankreich von den bedeutenderen Künstlern fast unbeachtet geblieben. Fast alle Arbeiten, die in dieser Technik von Franzosen ausgeführt worden sind, stehen an Qualität und Geschmack unter dem Durchschnitte der französischen Kupfersticharbeiten; sie sind wohl auch zum grössten Teil in England oder für den Export dorthin hergestellt worden.
Aus dem Buch: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten aus dem Jahre 1911, Autor Kristeller, Paul, 1863-1931.
Siehe auch: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Vorwort, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Die Technik des Bilddruckes, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Das fünfzehnte Jahrhundert – Der Holzschnitt in Deutschland, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Deutschland und in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in England, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Holzschnitt in Spanien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Holzschnitt und Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Holzschnitt in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das sechzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in den Niederlanden, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Italien, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das siebzehnte Jahrhundert – Kupferstich und Holzschnitt in Deutschland, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten – Die Schabkunst in Deutschland, in den Niederlanden und in England, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Kupferstich in Frankreich, Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten, das achtzehnte Jahrhundert – Der Holzschnitt in Frankreich.