von Kunstmuseum-Hamburg.de
Gesellige Unterhaltung im Freien
Watteaus Name bedeutet ein Zeitalter. Für die Entwicklung der Kunst liegt in seinen Bildern eine ganze Richtung beschlossen; das Rokoko, – und dazu ist er als Maler dieser kleinen Bilder der vollkommenste Künstler des ganzen achtzehnten Jahrhunderts gewesen. Die Herrschaft des französischen Geschmacks über Europa, die die Maler Ludwigs XIV. vorbereitet hatten, war nun entschieden. Diese leichte Grazie der Bewegungen im Schimmer der aus weichem Duft aufsteigenden Farben war unwiderstehlich. In seinen Bildern richtete sich der aus dem einstmals niederländischen Valenciennes stammende Watteau hauptsächlich nach Teniers und Rubens. Das Entscheidende war aber doch, daß dieser kränkliche kleine Dekorationsmaler, der schon mit sechsunddreißig Jahren starb, einen so wunderbar fein entwickelten Sinn nach Paris mitbrachte für das, was die französische Gesellschaft damals wollte, daß er sich verstand auf ihre Kleider und Möbel und auf alle ihre Lebenswünsche einging, und daß er nun ihre galanten Feste malen konnte, die Konzerte, Tänze, Hochzeiten und Theateraufführungen, das ganze Schäferleben in Seide und Spitzen, alles im Freien und eins immer noch schöner als das andre. Watteaus Blüte tritt mit dem Beginn seines zweiten Pariser Aufenthalts ein, um 1711, noch in den Tagen Ludwigs XIV. Sie ist kurz. Seine Nachfolger Lancret und vollends Pater — beide kann man ebenfalls in der Dresdner Galerie kennen lernen — haben schon nicht mehr seine Frische, seinen Geist und die Feinheit seiner Zeichnung. Bilder von Watteau sind außerhalb Frankreichs selten; nur der deutsche Kaiser besitzt eine beträchtliche Zahl aus der ehemaligen Sammlung Friedrichs des Großen. In der Dresdner Galerie befanden sich schon vor 1753 zwei feine Gegenstücke mäßigen Umfangs, deren Farben nur etwas abgeblaßt sind. Das hier mitgeteilte ist ausgezeichnet durch die gefällige und leichte Komposition, eine Verbindung der Figuren mit der Landschaft, darin es Watteau mit den größten Malern aller Zeiten aufnimmt. Vorn die langgestreckte Hauptgruppe. Von ihr abgesondert der jene Gartenfigur betrachtende Kavalier. Weiter oben die im Mittelpunkt gelagerte Gesellschaft, aus der sich ein Paar waldeinwärts entfernt. Ganz hinten eine Meierei mit einer Wassermühle. Unter diesen Bäumen leben, in dieser sonnigen Luft atmen, und in solchen Kleidern, ist das nicht noch schöner als die Wirklichkeit? Dieser geistvolle Zeichner hatte nicht bloß die Gabe, neue Moden zu erfinden, sondern auch noch etwas von der Phantasie eines Dichters, die vergolden kann und die nicht für ihre Zeit allein schafft!
Aus dem Buch “Album der Dresdner Galerie” von 1904.