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PAOLO VERONESE 1528-1588

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von Kunstmuseum-Hamburg.de

 

 

Die Hochzeit zu Kana


Einst bildete diese farbenstrahlende Leinwand zusammen mit drei anderen grossen Breitbildern: der Madonna mit der Familie Cuccina, einer Anbetung der Könige und einer Kreuztragung (diese ist in der Hauptsache Werkstattarbeit) den Schmuck des Palastes Cuccina in Venedig, die ganze Folge kam 1645 in die Sammlung des Herzogs von Modena und mit dieser 1746 in die Dresdner Galerie. — Was den Gegenstand unseres Bildes betrifft, so hatte man in Italien im fünfzehnten Jahrhundert zur Wanddekoration der klösterlichen Speisesäle oft das Abendmahl des Herrn verwendet, im sechzehnten hörte das allmählich auf, und an Werken bedeutender Maler besitzen wir noch von Andrea del Sarto und von Tintoretto Abendmahlsdarstellungen. Dafür verbreiteten lieh nun von Venedig aus über Oberitalien die weltlicher gestimmten Gastmähler des Simon oder des Levi, die Hochzeitsfeier zu Kana und, wenn man intimere Wirkungen geben wollte, das Beisammensein in Emmaus, und alle diese haben sich in mehrfachen Darstellungen von der Hand Paolos erhalten, der darin der grösste Meister geworden ist. Wie bei dem Abendmahl des Herrn jedermann an Leonardo da Vinci erinnert wird, so ist Paolo Veronese der Gastmahlsmaler par excellence geworden. Da konnte sich seine Freude an heiterem Lebensgenuss und festlichem Glanz, an Musik und der strahlenden Pracht farbiger Gewänder und kostbaren Tafelgeräts ergehen; das zu keiner Zeit gross gewesene geistige Bedürfnis der vornehmen venezianischen Gesellschaft und das Niveau ihrer Unterhaltung bezeichnen jetzt die Zwerge und Mohrenknaben, die teilnehmen dürfen, und die mit anwesenden Hunde, Katzen und Affen. Als Wandbilder, die Fresken ersetzen sollen, sind diese Gemälde dekorativ gehalten, das heisst flächenmässig mit in die Breite gezogener Komposition ohne starke perspektivische Verschiebungen und ohne tiefe Hintergründe, wie denn auch Paolos herrliche Architekturen gewöhnlich nur leicht angelegt sind. Sein Christus ist immer unbedeutend, die andern Figuren haben ihre zufällige Modell Wahrheit, daneben aber werden noch bestimmte Menschen der Gegenwart als volle Persönlichkeiten eingeführt. Auf der grossartigeren und auch viel grösseren „Hochzeit zu Kana*’ im Louvre, die für einen Klosterspeisesaal in Venedig gemalt war, finden wir unter den Gasten fürstliche Personen der Zeit und als Musikanten die Künstlerschaft Venedigs mit dem damals (1563) noch lebenden Tizian an der Spitze. Unser Dresdener Bild lässt uns Glieder der Familie Cuccina leicht an ihrer hervortretenöen Haltung erkennen: zunächst den stattlichen Herrn im orangegelben Kleid mit dem Schalenglas in der ausgestreckten Hand und die alte Dame im Lehnstuhl neben ihm, dann den jüngeren Mann hinter ihm, der das Glas kostend an die Lippen setzt, endlich die vom Rücken gesehene junge Frau im weissseidenen Kleide ganz links, die ihr Gesicht zu uns umwendet, Diese Mittel der Belebung geben Paolos Kunst ihre Frische, das Ungezwungene und Natürliche ihrer nicht tief gegründeten, aber immer gefälligen und anziehenden Erscheinung.

Aus dem Buch “Album der Dresdner Galerie” von 1904.


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