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Die Deutschen Kampfspiele

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aus dem Kunstmuseum Hamburg.

Der Träger des Reichsadlers…. Das Bild auf dem Titelblatt dieser Nummer zeigt uns den körperlich vollkommenen deutschen Jüngling — das Bild männlicher Schönheit und strotzender Gesundheit. Er war als Träger des Reichsadlers gewissermassen das Symbol der Deutschen Kampfspiele, die Mitte Juni im Berliner Stadion abgehalten wurden.

Neun Jahre sind verflossen seit jenem Tage, an dem das deutsche Stadion, von Otte Marchs Meisterhand gebaut, inmitten der ragenden Grunewald-Kiefern feierlich geweiht wurde. Hatte einst der Reichskanzler von Bethmann Holl weg durch den Mund des Staatssekretärs Freiherrn von Stein erklären lassen, dass von der Reichsregierung die glückliche Durchführung der Olympischen Spiele als eine wichtige nationale Aufgabe angesehen würde, so hat dieser Satz , auch jetzt noch programmatische Bedeutung.

Freilich in einem wesentlichen Punkte ist eine einschränkende Aenderung vor genommen worden. Die Veranstaltung internationaler Olympischer Spiele’ wie sie für 1916 dam damaligen deutschen Reichsausschuss für Olympische Spiele übertragen war, kommt nach dem Weltkriege für Deutschland nicht mehr in Frage. Am 10. Februar 1916 gab der Wettkampf-Ausschuss des Deutschen Reichsausschusses den Gedanken eines internationalen Olympia für Deutschland endgültig auf und und nahm Grundsätze für rein deutsche Kampfspiele an, deren wuchtigste Punkte folgendermassen lauteten: Die Deutschen Kampfspiele sollen durch ihre Wiederkehr in jedem vierten Jahr eine ständige Einrichtung werden. Bei ihnen sollen sich alle deutschen Leibesübungen treibenden Verbände zu einer machtvollen einheitlichen Kundgebung vereinen. Die Spiele sollen sein das „Deutsche Volksfest der Zukunft“ als Ausdruck einer Volkseinheit, der leiblichen Kraft und Gewandtheit der Jugend und ihres stolzen und hochgemuten Sinnes. Deutsche Sitte, deutsches Fühlen, deutsches Lied, deutsche Kunst, all dies soll bei diesen Festen vollendeten Ausdruck finden.

Ein eigenartiger Zufall hat es gewollt, dass einige Tage vor dem Beginn der Kampfspiele das Pariser Olympische Komitee eine Meldung verbreiten liess, nach der in Zukunft die Beteiligung an den Olympischen Spielen allen Nationen freistehen sollte, mit anderen Worten: auch die Sportsleute des ehemaligen Vierbundes, die seit dem Kriege von derartigen internationalen Veranstaltungen ausgeschlossen waren, sollten wieder in dem Kampf um die Meisterschaft der Welt starten dürfen. Aber die langen Monate sportlicher Isolierung haben doch wohl vielen die Augen geöffnet und die Notwendigkeit einer rein deutschen Sportveranstaltung grossen Stils zur Genüge bewiesen. Um es noch einmal zu sagen: die Abhaltung internationaler Spiele ist in Deutschland trotz der Pariser Friedensnachricht so gut wie unmöglich, ebenso die Beteiligung an den Olympiaden im Ausland. Wenigstens für die deutschen Kriegsteilnehmer ist der internationale olympische Gedanke tot.

„Zwischen den früheren Olympischen Spielen und uns,“ so sagt Karl Diem einmal, „stehen die Schatten unserer gefallenen Kameraden“. Ein internationaler sportlicher Verkehr, von Verein zu Verein, oder von Sportverband zu Sportverband mag im Laufe der Zeit sich noch mehr als bisher entwickeln und auch erwünscht sein, zu freundschaftlichen Berührungen, wie es gemeinsame Olympische Feste sind, haben wohl wir und auch jene, die unsere Gegner waren und zum Teil es noch sind, keinen Anlass.“ Freilich, so mancher der Programmpunkte, die der Wettkampfausschuss seiner zeit ausgestellt hat, ist, wie eine nüchterne Betrachtung ergibt, keineswegs erfüllt. „Die Spiele sollen das gesamte Volk erfassen; die gesamte deutsche Jugend soll an ihnen durch die Vorkämpfe in allen Gauen und durch ihre Besten und Erwählten am Feste teilnehmen,“ so lautet ein wichtiger Satz aus den Grundzügen für die Spiele.

Unabhängige Kommunisten und Mehrheitssozialisten sind sich trotz der sonstigen Gegensätzlichkeiten darin einig, dass es sich hier um einen „nationalistischen Rummel handle, um eine „Volkverdummung“, uni ein „Spektakelstück“, dem jeder gesinnungsüchtige Genosse fernzubleiben habe. Von dem Obergenossen Philipp Scheidemann, dem jetzigen Oberbürgermeister der Stadt Kassel, gibt es zwar einen hübschen Spruch „Turnen und Sport sind ausschliesslich Volkssache, sie dürfen niemals Parteisache sein,“ — aber das kümmert die Linksradikalen der Deutschen Republik wenig. Manchmal braucht man ja den guten Bürgersmann, wie bei der Einquartierung der Gäste zum kommenden Arbeiter-Turn- und Sport fest in Leipzig, und zieht daher einige mildere Saiten auf. Ansonsten aber sucht man die deutsche Körperbewegung in den Schmutz zu ziehen und zu verdächtigen.

So schmerzlich dieses Abseitsstehen einzelner Schichten der Bevölkerung auch ist, — an dem Gelingen der ersten Deutschen Kampfspiele wird es nichts ändern. Denn eine machtvolle Organisation bildet den Untergrund der Spiele, die Zeugnis ablegen werden von dem körperlichen Können der deutschen Jugend beiderlei Geschlechts. Wir dürfen die Sieger der Deutschen Kampfspiele mit Recht olympische Sieger nennen, wenn wir auch nur einen Zeiten- und Leistungsvergleich mit dem Auslande vornehmen können.

Ein wirkliches deutsches Nationalfest, das können die Kampfspiele allerdings erst werden, wenn Parteihader und Parteizwist in Deutschland verstummt sind.

Siehe auch:
Wir Deutsch-Amerikaner
Deutsch-Amerika
Die Deutsch-Amerikaner und das Kaiserreich
Gedanken über die Zukunft des Deutschtums in Amerika
Wie das alte Österreich starb
Wie das alte Österreich starb II
Die Deutschen in Amerika
Die Deutschen in Amerika II
Eine Audienz bei Richard II. (Richard Strauss)
„Deutsch-Amerikas“ Mission
Schundromane auf dem Scheiterhaufen
Lincoln und das deutsche Element
Die Geschichte der Revolution
Der Aufbau Palästinas
Deutschland und der Weltfriede
Vaterland vor der Wiedergeburt
Das Schicksal der deutschen Kolonien
Der letzte Zar im Kreise seiner Familie
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Deutschlands chemische Industrie in der Nachkriegszeit
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