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Deutschlands grösster Dampfer

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aus dem Kunstmuseum Hamburg.

Auf der Werft von F. Schichau in Danzig fand am 17. Juni der Stapellauf des für Rechnung des Norddeutschen Lloyd erbauten Dampfers „Columbus“ statt, bei dem die Tochter der Besitzers der Schichau-Werft, Fräulein Carlson, die Taufe vollzog. Eine Anzahl der leitenden Beamten des Norddeutschen Lloyd waren bei der Feier anwesend neben Tausenden von Zuschauern.

Der neue Dampfer „Columbus“ ist das grösste deutsche Handelsschiff und tritt nach seiner Fertigstellung mit 32000 Brutto-Tonnen und etwa 40,000 Tonnen Wasserverdrängung, 236,3 m Länge und 25,5 m Breite an die führende Stelle deutscher Seeschiffahrt.

Die erste Klasse mit ihren für 428 Personen bestimmten Zimmern in der Mittschiffslage, unter ihnen Staatszimmer und Luxuskabinen von erlesener Pracht und Schönheit, ist als Produkt modernster deutscher Technik mit tief ergreifender künstlerischer Beseelung zu bezeichnen. Der imposante Speisesaal auf dem Hauptdeck, dessen mittlerer Teil, durch zwei Etagen gehend, sich in einer freien, lichten Höhe von etwa 6 Metern über den Boden erhebt, gewährt in seiner vornehmen und künstlerisch reichen Eleganz, die das Empfinden gespendet und die Seele geschaffen, weit mehr als der Luxussaal eines Hotels. Wohl wert, dass in ihm die herrlichen Tonwerke unserer Meister in vollendeter Technik zu Gehör kommen — bei prangenden Tafeln und lukullischem Mahle.

Von gleich grosser Schönheit ist der grosse Gesellschaftssalon, der, wie das Lese- und Schreibzimmer mit der Bibliothek, der behagliche Rauchsalon mit anschliessender Laube und die weite Halle, in der zum „Fünf-Uhr-Tee“ Künstlerkonzerte stattfinden, in einem gewaltigen, auf dem Bootsdeck befindlichen Deckhause untergebracht ist. Grosse Fenster im Palmengarten von drei Meter Höhe lassen eine Fülle von Licht in die weiten, schönen Räume fluten. Das Sonnen- und Märchenreich für die kleine Welt bedeutet das Kinderzimmer neben dem Speisesaal, während ein Turnsaal mit modernsten Apparaten und Geräten den Reisenden jene Widerstandskraft und Gesundheit gibt, des Meeres Schönheiten auch bei herzhaftem Seegang froh zu geniessen.

Auf jeder Schjffsseite erstreckt sich ein 125 Meter langes und 5 Meter breites, nach aussen durch Schiebefenster geschütztes Promenadendeck, auf dem alles von bequemen Liegestühlen aus den fröhlichen Klängen der Bordkapelle lauscht. Elektrische Fahrstühle stellen die Verbindung zwischen den einzelnen Etagen her und regeln getrennt den Personenverkehr und den Transport von Gepäck.

Einfacher als die erste Klasse, aber in gleichem Masse vorbildlich in vornehmer und künstlerischer Beziehung ist die zweite Klasse, die in 204 Zimmern, die für 2 bis 4 Personen eingerichtet sind, mehreren Hunderten Unterkunft gewährt. Besondere Beachtung verdienen die für 2 Personen bestimmten Kammern. Der tadellosen Inneneinrichtung und Ausstattung der Zimmer und ihrer behaglichen Wohnlichkeit entsprechen die sich anschliessenden Toiletten und Bäder, in ganz besonderem Masse aber die ebenfalls nach künstlerischen Entwürfen hergestellten Inneneinrichtungen des Speisesaales, des Damensalons und des Rauchsalons, der in seiner urdeutschen Gemütlichkeit alle, die es angeht, zweifellos in helle Begeisterung versetzen wird. Eine über die Decks verteilte Promenade, die vor Wind und Regen geschützt ist, bietet mit ihren behaglichen Ruheplätzen angenehmen Aufenthalt in frischer Luft. Ein Barbiersalon modernsten Stils mit elektrischem Sterilisier-, Vibrations- und Haartrockenapparat u. s. w. steht den Reisenden zu jeder Tageszeit offen.

Zu ganz besonderer Geltung kommt aber erst hier an Bord dieses Riesendampfers die Umwandlung des früheren primitiven Zwischendecks in eine in jeder Beziehung auf höchstem Niveau stellende dritte Klasse, die im Hinterschiff 582 Reisenden, mit Vorderschiff 550 Reisende in hellen freundlichen Kammern für je 2, 3, 4, 5 oder 10 Personen unterzubringen imstande ist. Für tadellose Waschgelegenheit, elektrische Beleuchtung, gute Lüftung, Sitzgelegenheit in allen Räumen und für bequeme Erreichbarkeit der ausgezeichneten Toiletten, Bäder und Duschen ist in grosszügiger Weise gesorgt. Die Wände und Decken des hinteren Speisesaales sind in weissem Lackschliff gehalten, Büfetts und Anrichten aus italienischem Nussbaumholz, während ein hier aufgestelltes Piano musikalischen Seelen die Gelegenheit gibt, die Mitreisenden angenehm zu zerstreuen.

Damensalon und Rauchsalon, beide mit aller Liebe und Sorgfalt und aus vorzüglichem Material hergestellt, gewahren einer grösseren Anzahl von Reisenden behaglichen Aufenthalt. Die über drei Decks verteilte, vor Wind und Wetter geschützte Promenade bietet in reichem Masse Bewegungsfreiheit in frischer Luft. Der Barbiersalon, ähnlich dem der zweiten Klasse, steht den Reisenden ebenfalls zu jeder Zeit offen. Der Speisesaal dritter Klasse vorn ist mit 353 Sitzplätzen versehen und ihm schliesst sich ein weiterer Speisesaal für Frauen mit 107 Sitzplätzen an. Ausser diesen beiden Räumen steht den Reisenden dritter Klasse vorn ein Rauchzimmer und ein schönes, freies Deck zur Verfügung, das bei reichlicher Sitzgelegenheit allen Reisenden angenehmen Aufenthalt in frischer Luft bietet. Breite Treppen verbinden die Decks miteinander, Toiletten, Bäder und Duschen sind leicht erreichbar.

Für jede Klasse von Reisenden sind gesonderte Küchenanlagen vorhanden; israelitische Reisende werden aus einer besonderen Küche verpflegt. Von allen übrigen Wirtschaftsräumen ist zu bemerken, dass sie — in jeder Weise vollendet — den modernsten Ansprüchen gerecht werden. Das Krankenwesen, dem staatlich approbierte Ärzte vorstehen, Hospitäler und Apotheke sind der Neuzeit entsprechend und erstklassig. Der gesamte Innenhau des gewaltigen Riesen ist bis in alle Klassen hinein von dem Architekten des Norddeutschen Lloyd, Professor Paul Ludwig Troost in München, auf grösste Behaglichkeit, Bequemlichkeit und Vornehmheit abgestimmt. Sicherheitsvorrichtungen sind in modernster Konstruktion vollwertig, die Lloydküche ist traditionell und die Besatzung—deutsch.

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick in diejenigen Räume, in denen die gewaltigen Kräfte erzeugt werden, die den „Columbus“ vorwärts treiben, so bietet sich uns ein Wunderwerk menschlichen Geistes und menschlicher Tatkraft in den beiden riesigen dreifachen Expansionsmaschinen dar, die dem Dampfer eine mittlere Seegeschwindigkeit von 20 Knoten, das sind über 10 Meter in der Sekunde, verleihen. 30,000 Pferdekräfte wirken auf die beiden Propeller, die das Schiff nach seiner Fertigstellung in acht Tagen von Bremerhaven nach New York eilen lassen sollen. Zur Erzeugung des Dampfes stehen 12 Doppelender-Kessel mit 80 Feuerungen zur Verfügung, die stündlich etwa 17,500 kg Kohle verbrennen.

Siehe auch:
Wir Deutsch-Amerikaner
Deutsch-Amerika
Die Deutsch-Amerikaner und das Kaiserreich
Gedanken über die Zukunft des Deutschtums in Amerika
Wie das alte Österreich starb
Wie das alte Österreich starb II
Die Deutschen in Amerika
Die Deutschen in Amerika II
Eine Audienz bei Richard II. (Richard Strauss)
Die Lüge als Fundament
„Deutsch-Amerikas“ Mission
Schundromane auf dem Scheiterhaufen
Lincoln und das deutsche Element
Die Geschichte der Revolution
Der Aufbau Palästinas
Deutschland und der Weltfriede
Vaterland vor der Wiedergeburt
Das Schicksal der deutschen Kolonien
Der letzte Zar im Kreise seiner Familie
Krupp-Werk in Friedens-Arbeit
Die Wolkenburgen der neuen Welt
Deutschlands chemische Industrie in der Nachkriegszeit
Jerusalem die Heilige Stadt
Die Schwarzen Truppen in Deutschland
Schiffsmodelle als Zimmerschmuck
„Bismarck“-„Majestic“- der Meeresriese
Quer durch das neue Deutschland
Quer durch das neue Deutschland II
Quer durch das neue Deutschland III
Von Versailles bis Haag
Klein-Amerika in Ostpreussen
Die Hallo-Mädchen
Nach Palästina
Eine Hamburger Überseewoche
Kinder aufs Land
August Thyssen-Der Senior der Grubenbarone
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Das Deutsche Haus in St. Paul – Ein Denkmal deutschen Strebens
Die Briefmarke einst und jetzt


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