Quantcast
Channel: fresh-seed
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2002

Die Post im Innern Afrikas

$
0
0

aus dem Kunstmuseum Hamburg


Der Durchschnittseuropäer, der gewohnt ist, auf seinem Frühstückstisch seine Post und tägliche Zeitung vorzufinden, empfindet es sehr unangenehm, wenn diese versehentlich einmal ausgeblieben sind. Er glaubt, ohne seine Zeitung nicht leben zu können, und unbedingt über alle Vorkommnisse derWelt sofort unterrichtet sein zu müssen. Anders der Afrikaner, der weit draussen irgendwo im Busch der Menschheit und dem Vaterlande wertvolle und mühselige Pionierdienste leistet. Die Ereignisse der zivilisierten Welt sind ihm in eine andere Perspektive gerückt. Er hat den Neuigkeitshunger des Europäers abgetan und ist gewohnt, bei Nachrichten aus der Heimat um Wochen oder Monate zurückzurechnen und mit philosophischem Gleichmut an „aktuelle Tagesfragen“ heranzutreten. — Und doch gibt es im Leben jedes Weissen in Afrika, mag es sonst noch so einförmig und gleichmässig dahinfliessen, einen von Zeit zu Zeit wiederkehrenden Moment, in dem seine Pulse schneller schlagen. Das ist das oft unvermutete Erscheinen der Post aus der Heimat. Unvergesslich wird jedem, der sich einmal auf langer Expedition oder auf entlegener Station im Innern befand, das freudige Gefühl sein, das der Anblick des staubbedeckten Postträgers in seiner Brust hervorruft, und zwar umsomehr, je länger die Post vorher ausgeblieben war. — Mit einer gewissen Andacht wird jeder noch so unwichtige Brief immer wieder gelesen, umgewendet und betrachtet und dann noch einmal gelesen, und jedes Stückchen Zeitungspapier, mag es auch schon Monate alt sein, wird förmlich verschlungen und fast auswendig gelernt. — Die schwarzen Buschgefährten, die schon so viel Wunderliches an ihrem weissen Herrn beobachtet haben, betrachten mit kopfschüttelndem Staunen das merkwürdige Gebahren ihres Gebieters, der durch einige mit krausen Schriftzeichen bedeckte Stücke Papier in eine merkbare Seligkeit versetzt ist, die auch auf sie in Form von Geschenken ihren Abglanz wirft. — Belustigt und erstaunt betrachten sie dann die illustrierten Zeitungen und fällen manche spassige Kritik. Besonders interessieren sie gewöhnlich die Bilder von europäischen Frauen, welche die meisten nur vom Hörensagen kennen und die so merkwürdige Hüte auf dem Kopf tragen. Endlose Fragen werden dann dem gerade gut aufgelegten Herrn vorgelegt und er beantwortet willig die intelligenten und die dummen.

In den deutschen Kolonien ist der Postdienst streng geregelt und die auf den Stationen weiter im Innern sitzenden Europäer erhalten die Post von der Küste durch Träger zugesandt. In Togo ist es die vornehmste Pflicht eines jeden Dorfhäuptlings, für die umgehende Weiterbeförderung des Postsackes zum nächsten Dorf zu sorgen. Die Träger laufen Tag und Nacht so schnell wie möglich und es sind strenge Strafen auf eine Verzögerung der Beförderung gesetzt. Dank dieser Einrichtung funktioniert der Postdienst denn auch tadellos, und die Eingeborenen wetteifern miteinander in schnellen Märschen, sobald es die Uebermittlung von Nachrichten der Europäer gilt. Schwieriger gestaltet sich eine Expedition, die sich in unerforschten Gebieten vorwärts bewegt. Sichere Leute, die Mut genug haben, das unsichere Neuland mit feindlichen Stämmen zu betreten, sind manchmal schwer aufzutreiben, und öfters passiert es, dass der Bote,nachdem er den grössten Teil des Weges zurückgelegt hat, vielleicht wochenlang beständig marschiert ist, umkehrt, weil er nicht wagt das Gebiet eines Stammes zu betreten, dem Gelüste auf Menschenfleisch nachgesagt werden. Er marschiert dann lieber seinen Weg Tag für Tag zurück, um seine Briefe getreulich in die Hände des Auftraggebers zurückzulegen, obwohl er nur wenige Tagemärsche von dem Adressaten entfernt war, der sich nun noch einige weitere Monate in Geduld fassen muss. Dabei wird der Träger der europäischen Post im allgemeinen von den Eingeborenen durchaus respektiert und gern verpflegt. Das erklärt sich durch den abergläubischen Schauder, den jeder Schwarze im Innern vor einem beschriebenen Blatt empfindet. Der primitive Mensch, der selbst vom Schreiben keine Ahnung hat, bewundert diese Art der Höherstehenden, sich durch ein bekritzeltes Stück Papier inhaltsvolle Worte mitzuteilen, die der Empfänger ebensogut versteht wie der Absender. Das weiss natürlich unser Postbote gehörig auszunutzen. In ganz Afrika ist der Ueberbringer eines Briefes unantastbar. Der Briefbote trügt den Brief an der Spitze einer oben eingekerbten Bambusstange und schwenkt dies Zeichen seiner Würde schon von weitem bei jeder Begegnung über seinem Haupte. Er ist dann ziemlich sicher, unbelästigt seine Strasse ziehen zu können, und in den Dörfern, wo er Rast hält, achtungsvoll bewirtet zu werden. Deshalb verlangt z. B. der Eingeborene in Togo, der mit einem noch so unbedeutenden Auftrag fortgesandt wird, immer vom Weissen: „Gib mir ein Szebe“ (Brief). Ab und zu kommt es natürlich auch vor, dass ein derartiger Szebe missbraucht wird; so erlebte ich in Togo eine spassige Episode, wo ein Hosennigger von der Küste, der gut Deutsch sprach, von den Leuten des Dr. Kersting ergriffen worden war. Der Bursche bereiste die Dörfer des Hinterlandes und gab vor, von den Weissen beauftragt zu sein. Dort holte er einen primitiven Stereoskop-Apparat hervor, in den er die neugierigen Buschneger hineinblicken liess. So zeigte er den verständnislos Grinsenden: die Leipziger Strasse in Berlin, das Königliche Schloss, das Aufziehen der Schlosswache usw. Nachdem alle hineingesehen hatten, verlangte er Bezahlung dafür. Flint Bilder kosten 5 Pfennig laut Szebe des Weissen. In Ostafrika ist es fiüher manchmal vorgekommen, dass getriebene Küstenneger unter Berufung auf irgend ein wertloses Stück Papier Steuern eintrieben. Sehr wichtig für die Postbeförderung sind die Flüsse. Die Postboote legen an einem Tage viellach das Dreifache zurück wie ein Träger, und grössere Lasten können auch auf diese Weise bequemer befördert werden. Diese Art von Beförderung ist zwar schneller, doch nicht ganz zuverlässig. Es kann passieren, dass ein solch einfaches Eingeborenenboot einmal scheitert und die Postsäcke in der verständnislosen Gesellschaft der Krokodile und Nilpferde sich wieder finden. Bisweilen gelingt dann mit vieler Mühe die Bergung der Briefschaften, und der erfreute Empfänger, der nun doch noch in den Besitz der schon verloren geglaubten Heimatspost kommt, kann interessante Studien über die Haltbarkeit der europäischen Tinten und Papiere anstellen.

Der Postbote von Südwest, den unser Bild darstellt, marschiert mit viel Bagage und Vorräten. Neben einer umfangreichen Posttasche ist er noch mit allerhand Gepäck für des Lebens Notdurft beschwert. Er scheint unterwegs nicht schlecht zu leben, denn er hat einen stattlichen Vorrat Mehl bei sich und lässt sich als grosser Herr von einem Boy noch einen halben Hammel nachtragen. Eine alte Flinte verspricht ihm auch unterwegs noch manchen guten Braten in den wildreichen Gegenden zu liefern. So zieht er gut ausgerüstet seine Strasse, vollbewusst seiner wichtigen Mission, den entlegenen Farmen die Heimatspost zu übermitteln, und eines freundlichen Empfanges überall gewiss.

Weiteres aus der Reihe „Kolonie und Heimat“
Eine Straussenfarm in Deutschland
Wie der Neger in Togo wohnt
Deutsche Diamanten
Zur Frauenfrage in den deutschen Kolonien und andere Bekanntmachungen
Die Landesvermessung in Südwestafrika
Bilder aus dem Norden von Deutsch-Südwest: Namutoni
Koloniale Neuigkeiten
Deutschland, England und Belgien in Zentralafrika
Das Deutsche Institut für ärztlich Missionen in Tübingen
Bilder von der afrikanischen Schutztruppe
Die Kolonien in der Kunst
Der Handelsagent in Deutsch-Afrika
Bierbrauerei der Eingeborenen in Afrika
Samoanische Dorfjungfrau
Losso-Krieger aus dem Norden von Togo
Allerlei aus dem Leben des Togonegers
Ostafrikanisches Obst
Ostafrikanische Küstenbilder
Tabakbau und Tabakverarbeitung in Havanna
Die französische Fremdenlegion
Kamerun : Totentanz der Küstenneger
Ein Rasseproblem
Blick in eine Wanjamwesi-Siedlung bei Daressalam
Der Botanische Garten zu Berlin als Zentralstelle für koloniale Landwirtschaft
Die Kirchen in Daressalam
Das Meer und seine Bewohner : Seevögel
Sie riss das Gewehr an die Backe, zielte einen Augenblick und schoss . . .
Wie man in Afrika in der Regenzeit reist
Auf den Diamantenfeldern von Lüderitzbucht
Die Diamanten-Regie des südwestafrikanischen Schutzgebiets in Berlin
Bilder aus der ostafrikanischen Vogelwelt
Vom Deutschtum im Ausland (Chile)
Medizintanz der Baias in Kamerun
Hamburg als Hafenstadt
An der Trasse der Bagdadbahn
Die Baumwollfrage
Die Mischehen unter fremden Rassen
Das Haar
Deutsches Leben in Deutsch-Südwest Afrika
Unteroffiziere der Schutztruppe in Südwest-Afrika feiern Weihnachten
Wenn der Buschneger den ersten Weissen sieht …
Berittene Spielleute des Sultans Sanda von Dikoa
Ein Morgenpirschgang in Ostafrika
Die Kilimandjaro-Bahn
Die Aufgaben der deutschen Frau in Deutsch-Südwestafrika
Kolonie und Heimat : Rückblick und Ausblick
Prosit Neujahr!
Wie die Ponapeleute entwaffnet wurden
Goldgewinnung an der Goldküste
Eingeborenen-Bilder aus Kamerun : Die Wute
Wie schafft man sich gesundes Blut?
Bilder aus der Tierwelt Südafrikas
Totengebräuche auf den Salomons-Inseln
Fünfundzwanzig Jahre Deutsch-Ostafrika
Eine Reise durch die deutschen Kolonien
Neues aus dem Innern von Neu-Guinea
Der Nord-Ostsee-Kanal
Bilder aus der Kameruner Vogelwelt
Die landwirtschaftliche Ausstellung in Keetmanshoop
Herero-Mann Deutsch-Südwestafrika
Die Straussenzucht in Südwestafrika
Kolonie und Heimat erscheint von jetzt an wöchentlich.
Die deutsche Frau in der Südsee
Die Ölpalme
Frauenerziehung in China
Seltsame Fleischkost
Mitteilung des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft
Die Herstellung von Rindentuch in Zentralafrika
Südwestafrikanische Früchte in Deutschland
Windhuk
Der Panamakanal
Bilder aus Kiautschou : Unsre Besatzungstruppe
Bilder aus Kiautschou : Chinesische Verkehrsmittel
Ein Besuch in der chinesischen Stadt Kiautschau
Das neugierige Krokodil
Bilder vom Wegebau in Kamerun
Negerkapelle
Verarmte deutsche Ansiedler in Jamaika : Ein Notschrei aus Westindien
Pestgefahr in Kiautschou?
Gastfreundschaft in Deutsch-Ostafrika
Eine leckere Mahlzeit
Südseeinsulaner aus Jap (Westkarolinen)
Kalkutta
Liebesdienst
Die Ausfuhrprodukte Deutsch-Ostafrika
Die Bewohner von Ruanda
Die Heuschreckenplage in Südafrika
Südseeschutzgebiete
Deutsch Ostafrika : Gefangene junge Elefanten in Udjidji am Tanganjikasee
Koloniale Plastik
Wie der Europäer in Südafrika wohnt
Bilder von der ostafrikanischen Nordbahn
Die Tropenhygiene auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung
Kamerun: Ein Haussa-Fleischer in Bamum räuchert Fleisch
Ein afrikanischer Operettenkrieg
Der tote Buschmann
Das neue Südafrika
Auf einer Station im Innern von Südkamerun
Die drahtlose Telegraphie und ihre Bedeutung für unsere Kolonien
Das Museum für Meereskunde in Berlin
Ein Besuch in Bombay
Bilder aus Ceylon
Suahelifrau im Festgewand
Hamburg als Hafenstadt II
Idyll aus Deutsch-Südwest: Fütterung eines jungen Springbocks
Die Bremer Baumwollbörse
Rund um Afrika
Schlangen in Südwest-Afrika
Mädchen von der Karolineninsel Jap
Milchwirtschaft auf einer südafrikanischen Farm
Auf den Lüderitzbuchter Diamantenfelder
Missionspredigt in einem Dorf von Süd-Togo
Altindische Baudenkmäler
Ein neuer Ostafrika-Dampfer
Haartrachten der Eingeborenen in Afrika
Totengebräuche im alten Samoa
Badende Kinder auf Samoa
Eine Fahrt auf der sibirischen Eisenbahn
Äquator Taufe
Buschmänner beim Bogenschiessen
Die Bekämpfung der Pest in Kiautschou
Kamerun: Marktszene aus Banjo
Wei-hai-wei
Jugendbelustigungen in Niederländisch-Indien
Diamantendiebstähle
Der findige Telegraphist
Toto, der erste aus Ostafrika nach Deutschland gebrachte Elefant
Fischerboot an der ostafrikanischen Küste
Vom Deutschtum im Stillen Ozean : Deutsche Arbeit auf Hawaii
Die Post im Innern Afrika
Hamburg als Handelsstadt : Aus Hamburgs Vergangenheit
Vom Deutschtum im Ausland
Wieviel Menschen sprechen Deutsch?
Echtheitsbestimmungen der Diamanten
Allerlei vom ostafrikanischen Neger
Tanzmasken der Graslandbewohner im nordwestlichen Teile von Kamerun
Die Fürsorge für die Mischlingskinder in Südwest-Afrika
Die Wohnstätten der ostafrikanischen Eingeborenen : Die Temben
Das Aquarium in Neapel
Bilder aus Marokko
Explosion in Karibib
Elefant in Afrika
Eine Reise durch die deutschen Kolonien : Kamerun
Ein unfreiwilliger Weltrekord auf der Elefantenjagd
Der Gorilla
Von Roosevelts Jagdfahrt in Afrika
Die Trommelsprache der Waldlandneger Kameruns
Kultur-Kolonien : Ein Wort für die Esperanto-Sprache
Bilder vom Telegraphenbau in Kamerun
Zanzibar
Robert Koch
Die erste Tagung des südwestafrikanischen Landesrats
Der Dauerkäse
Die deutsche Kolonialschule in Witzenhausen
Das deutsche Kolonialmuseum in Berlin
Ein Idyll aus Nordkamerun : Kaffestündchen auf der Veranda der Station Garua
Dampfa kudja! — der Dampfer ist da
Die Marienburg
Herbstbilder aus Tsingtau
Die Wirkung des elektrischen Stromes auf einen Neger
Suahelifrauen bei der Toilette
Die Verkehrsmittel von Südwestafrika
Das Deutschtum in den baltischen Provinzen Russlands
Im chinesischen Theater zu Tsingtau
Die dankbare Schlange (Chinesisches Märchen)
Die Völker Togos
Hongkong
Afrikanische Pfahlbauten
Haifischfang im Korallenmeer
Mekkapilger
Frauenmangel in Deutsch-Neuguinea
Eine Reise durch die deutschen Kolonien : Deutsch-Südwestafrika
Malaria
Arbeiter-Rekrutierung in Neu-Guinea
Seekuhjagd in Kamerun
Kapitalanlagen : Marktbericht
Im Lande der Pharaonen : Bilder aus Kairo
Des deutschen Kronprinzen Reise nach Ostasien
Veddamänner (Jäger) aus dem Innern von Ceylon
Der Kakao, Seine Kultur und Verarbeitung
Die Kulturfähigkeit der Mikronesier : Ernste Gedanken zum Aufstand in Ponape
Die Feuerzeuge der Naturvölker
Zur Inder-Frage in Deutsch-Ostafrika


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2002