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Die Zeitalter der Chemie : Die ersten Erkenntnisse von der Materie

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aus dem Kunstmuseum Hamburg

Erster Abschnitt

Betrachtet man den heutigen gewaltigen Ausbau der wissenschaftlichen Chemie mit ihren unübersehbaren Seitendisziplinen, so muß man sich sagen, daß diese kolossale Geistesarbeit nicht erst seit dem 18. Jahrhundert entstanden sein kann, sondern daß schon vor dieser Zeit große chemische Forscherarbeit geleistet sein mußte. Vornehmlich sind es alte griechische Erinnerungen, die uns bei einer Betrachtimg dieses Kapitels den Stoff geben. Bezüglich der Quellen sind wir zum Teil auf Gräberfunde, zum Teil auf einzelne Stellen alter Autoren angewiesen.

Von letzteren kämen hauptsächlich in Betracht: Theophrastos 371—286 v. Chr., ein Schüler des Plato und des Aristoteles; von ihm ist uns ein Werk über Mineralien erhalten; dann von den späteren: der Grieche Dioskorides (Mitte des 1. Jahrhunderts n. Ohr.) und der Römer Cajus Plinius Secundus (der ältere Plinius), welcher 23 n. Chr. geboren wurde und beim Ausbruche des Vesuvs zu Pompeji im Jahre 79 umkam. Aristoteles kommt hier weniger in Erwähnung, und wir werden im zweiten Teile ausführlich auf ihn zurückkommen. Sehr wichtig ist vor allem das Sammelwerk des Plinius, die große „naturalis historia“, weil uns dieselbe einen ziemlichen Überblick über die antike Naturkenntnis gestattet; leider aber wissen wir gar oft Benennungen nicht zu deuten, weil ihr Sinn sich geändert hat, und geraten hierdurch in mannigfache Zweifel. Von den in der Natur vorkommenden Rohstoffen sind die Metalle am frühesten genauer bekannt geworden.

Bevor wir uns jedoch mit der „naturalis historia“ befassen, möchten wir in großen Zügen einiges über die Kenntnisse der alten Völker vorausschicken.

Von den Völkern, über deren Kenntnisse in Betreff chemischer Dinge uns Nachrichten zugekommen sind, haben wir vor allem die Ägypter, die Phönizier, die Israeliten, die Griechen und Römer zu nennen; die Chinesen hatten schon in aller Frühe einen gewißen Grad von üivilisation erlangt, doch übte dieselbe auf den allgemeinen Bildungsgang des menschlichen Geschlechts einen nur beschränkten Einfluß aus.

Die Ägypter waren ein kunstsinniges Volk und hatten auch viele Kenntnisse von chemischen Tatsachen; z. B. mußte bei ihnen die Gewinnung und Bearbeitung der Metalle zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gediehen sein, da nur diese ihnen die nötigen Werkzeuge zur Darstellung vieler noch vorhandenen Kunstwerke geben konnten. Ebenso wurdede die Färberei von ihnen in hervorragender Weise ausgeübt, die Bereitung des Glases war ihnen bekannt. Die Hüter und Eigentümer der Kenntnisse von Naturwissenschaften waren die Priester, die dieselben in den Tempeln geheimnisvoll lehrten. In späterer Zeit gelang es denn auch wißbegierigen Ausländern wie Solon 600, Pythagoras 550, Herodot 440, Plato 380 v. Chr. u. a. sich einen Einblick in deren Lehren zu verschaffen.

Die Phönizier waren ein praktisches Volk und hatten vorzügliche Kenntnisse in der Färberei, die sie infolge ihrer Eigenschaft als handeltreibendes Volle lebhaft förderten. Zu erwähnen wäre noch die Glasbereitung mid der große Handel mit Zinn.

Während wir im großen ganzen nur wenig Positives über die Ägypter imd Phönizier wissen, haben wir von den Israeliten bedeutend mehr Anhaltspunkte über die Kenntnisse der Chemie zn verzeichnen. Dieser Volksstamm, unter den Ägyptern wohnend, hatte die beste Gelegenheit, sich von letzteren die nützlich erscheinenden Begriffe anznugnen. Das soll hierbei ausdrücklich bemerkt werden, daß, wenn sie auch mehrere Metalle wie: Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Blei und Eisen, sowie metallurgische Prozesse kannten, sie doch in keiner Weise die Ägypter und Phönizier an chemischen Wissen übertrafen, im Gegenteil blieben die Israeliten, was Anzahl und Anwendung der Tatsachen betrifft, hinter denen der eben erwähnten Völkerschaften erheblich zurück.

Wir kommen nunmehr zu den Griechen, die seinerzeit den höchsten Punkt der wissenschaftlichen Ausbildung erreicht liatten, von ihnen haben wir genügend schriftliche Dokumente, die uns Zeugnis von ihrem naturwissenschaftlichen Verständnisse geben.

Bei den ältesten Griechen, in der Zeit Homere (etwa 800 v. Chr.), finden wir dieselben Kenntnisse erwähnt, die auch den Ägyptern und Phöniziern bekannt gewesen waren. Auch die Israeliten hatten schon lange vor ihnen Kenntnis von den Metallen; es beweist schon allein die Tatsache, daß dieselben das Eisen viel wertloser schätzten als die Griechen, die es als ein seltenes Metall betrachteten. Ebenfalls mußte der Reduktionsprozeß noch sehr imvollkommen und wenig betrieben sein, denn zu den Werkzeugen, wozu gerade das Eisen sich besonders eignet, wurden minder geeignete, jedoch öfter gediegen vorkommende oder leichter aus ihren Erzen darstellbare Metalle, z. B. mit Zinn legiertes Kupfer, verwandt. Wenngleich die Griechen in ihren wissenschaftlichen Arbeiten große Erfolge erzielten, so erfuhren die Naturwissenschaften nur wenig Beachtung. Der Grund hierfür lag in der den alten Griechen eigenen Geistesrichtung.

Nach Plinius kommt der Name — Metall — . Charakteristisch für ein Metall wurden seine Dehnbarkeit, sein Glanz und seine Fertigkeit betrachtet. Über die Entstehung von Metallen und Erzen im Innern der Erde hatten sich die Alten die abenteuerlichsten Vorstellungen gebildet. Z. B. glaubte Aristoteles, daß die Erze durch Zutritt von Luft zu den Eingeweiden der Erde erzeugt würden, und nahm dementsprechend an, daß in abgebauten Bergwerksstrecken ein Nachwachsen der Erde stattfinde. Ja, diese Ansicht wurde noch zur Zeit Linnes (1707—1778) aufrecht gehalten. Hanns Rudthardt beschreibt diese Auffassung in der ,,Anzeigung des neuen, weitbetuffen Bergwerks Sanet Joachimsthal“ 1523 folgendermaßen:

Älmlich war es bei Galen und einigen arabischen Schriftstellern; man machte sich jedoch selbst keinen klaren Begriff von der Natur dieses Elternpaares der Metalle, weil jedes Metall seinen eigenen besonderen Planeten hatte, von dem es angeblich abhängig war. Um die im Altertum bekannten sieben Metalle bildlich darzustellen, benutzte man die Abbildungen derjenigen griechischen Göttergestalten, von denen die betreffenden Planeten und Metalle den Namen angenommen hatten. —

Schon in den ältesten Urkunden der Kulturvölker (Ägypter, Israeliten und Inder) stößt man auf genaue Bekanntschaft mit der Bearbeitung verschiedener Metalle. Als diejenigen, welche diese Kunst gelehrt haben, werden meist mythische Personen genannt, in der Bibel Thubalkains (1. Moses 4, 22), bei den Griechen z. B. Prometheus, Kadmus usw. — Ist die Übersetzung der hebräischen „Metalle“ bedeutenden Worte richtig, so kannten die Israeliten sechs Metalle und zwar: Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn von Theophrast erwähnt, das Quecksilber.

Manche metallurgische Prozesse waren den Griechen und Römern näher bekannt, und man findet bei Dioskorides, Plinius imd späteren Schriftstellern ziemlich genaue Angaben über Erzeugung mid Schmelzen der Erze. Plinius berichtet u. A. in seiner Naturgeschichte B. 7 Kap. 56 folgendermaßen:

„Das Erz zu schmelzen und zu härten, soll nach Aristoteles von dem Lyder Seythes, nach Theophrast von dem Pkrygier Delas, die Verarbeitung desselben aber nach einigen von den Chalybern, nach anderen von den Cyklopen zuerst gelehrt worden sein. Eisen wurde nach Hesiodus zuerst von den Bewohnern Kretas, welche die Idäischen Daktyler hießen, Silber zuerst von dem Athener Erichthonius, nach anderen von Thoas und Eaklis in Panchaia, oder von Sol, des Oceanus Sohne, hergestellt.“

Die Kenntnis von Gold und Silber reicht bis in vorgeschichtliche Zeiten zurück. Wir wissen, daß die ungewöhnliche Dehnbarkeit der Metalle das Staunen der alten Völker erregte, und daß dieselben bereits imstande waren, auf Grund dieser Eigenschaft Gegenstände mit Gold zu überziehen.

Das Gold — Sol, Aurum, Rex metallorum. Der Name — nub — Gold hängt sehr wahrscheinlich mit der Bezeichnung des Landes Nubien in Ägypten zusammen. Ferner bedeutet für das Wurzelwort des hebräischen Namens Zahäb: „glänzen“ und das gotische Wort „Gulth“, unser Gold, wahrscheinlich mit jvalita (von jval, glänzen, abgeleitet) wie es im Sanskrit gedeutet wird, zusammenhängt. Die Goldbergwerke Nubiens wurden von den Ägyptern sehr stark ausgebeutet; nach des Agatharchides, sowie des Diodorus Siculus Berichten schlemmte man das fein gemahlene Erz und schmolz den schweren Rückstand. Zn Ramses II. Zeit sollen die Bergwerke jährlich Gold im Werte von ca. 2500 Millionen Mark geliefert haben. Das goldreiche Land Ophir, aus welchem die Phönizier das geschätzte Metall holten, wird in Indien, in Midian (Arabien) oder an der Ostküste Arabiens gesucht. Dieses Handelsvolk erschloß auch den Griechen die ersten Goldbergwrerke auf der Insel Thasos.

Im Altertume verstand man es schon, das Gold nicht nur im gediegenen Zustande zu gewinnen, sondern auch mit Beimengen, teils mit Schwefel- und Arsenikmetallen gemischt.

Da das Gold in der Natur gediegen im aufgeschwemmten Lande, im Sande der Flüsse vorkommt, so ist es wahrscheinlich das erste Metall, welches den Menschen bekannt war. Das alte Testament berichtet uns, daß sich das Gold in dem Teile der Erde befand, wo die Menschen ihre Wohnungen aufschlugen. Ferner sei an Moses erinnert, von dem wir erfahren, daß in dem Lande Hevilah, welches von dem aus dem Garten Eden kommenden Flusse Pison begrenzt wurde, sich Gold befände und — das Gold dieses Landes sei köstlich. In dem Buche Hiob 28, 1 (700 v. Chr.) lesen wir:

„Es hat das Silber seine Gänge und das Gold seinen Ort“.

Napier berichtet in einer Abhandlung über die Gewinnung und Verarbeitung der Metalle und zieht unter Bezugnahme auf das Wort des Moses zwei Schlüsse: 1. man habe damals (zu Moses’ Zeiten) schon andere Fundorte des Goldes gekannt, 2. und zu derselben Zeit wären schon verschiedene Sorten im Umlauf gewesen. Moses sagt denn auch ausdrücklich, daß das Gold von verschiedenen Fundorten verschiedene Eigenschaften besitze; hieraus folgt, daß sich dieser Ausspruch wohl nur auf die Einheitsgrade des Metalles beziehen kann. Ob man seiner Zeit die Darstellung des reinen Goldes schon gekannt hat, ist noch nicht bewiesen, dagegen finden wir im alten Testament eine Stelle vom geläuterten Golde und Silber erwähnt, z. B. Sprw. 17, 3:

„Wie der Tiegel Silber und der Ofen Gold, also prüfet der Herr die Herzen“.

Das scheint jedoch sicher zu sein, daß man die Trennung der edlen von unedlen vollziehen konnte — jedoch die Scheidung der beiden edlen Metalle, also des Goldes und Silbers, die bedeutend schwieriger ist, noch nicht gekannt hat. Wir glauben annehmen zu dürfen, daß sich die alten Metallurgen nur auf erstere Methode bescluänkten, umsomehr die geringe Menge des Silbers, welches das gediegene Gold enthält, letzterem wenig von seiner Schönheit nimmt; ein anderer Grund zur Annahme dieser Ansicht ist der, daß sich eine vollständige Scheidung des Silbers von Gold durch Salpeter- oder Schwefelsäure bewerkstelligen läßt; ob eine dieser Säuren schon zu Moses’ Zeiten existiert haben, ist sehr fraglich, denn wie wir aus der Geschichte ersehen, sind diese Säuren erst in viel späterer Zeit entdeckt worden. Allerdings fand Herapath auf dem zur Einbalsamierung einer altägyptisehen Mumie gebrauchten Zeug, schwarze mit Silberlösung gemachte Zeichnungen, woraus er den Schluß zog, daß die Salpetersäure den alten Ägyptern bekannt gewesen sei, wenn dieses sich so verhält, kann man nicht unberechtigt an die Bekanntschaft dev Alten mit dieser Säure glauben. Wir wissen aber auch, daß bei dem Bau der Stiftshütte in der Wüste Gold verwendet, daß das Metall in feinen Drähten ausgezogen, in die Gewänder der Priester verwebt wurde — hieraus ergibt sich, daß die Isrealiten das Goldschlagen von den Ägyptern, welch’ letzteren diese Technik schon lange bekannt war, erlernten. Zum Bau des Tempels Salomos wurde ebenfalls eine große Menge Gold verwendet.

Herodot erwähnt des öfteren, daß die Heiden ihre Götzenbilder häufig in Gold anfertigten; die Israeliten alnnten dieses den Heiden nach, als sie Aaron zur Anfertigung des goldenen Kalbes Auftrag gaben. Moses soll nach den Belichten der heiligen Schrift dieses Kalb bei seiner Rückkehr vom Berge Sinai — indem er es im Feuer verbrannte und es zu Staub zerstampfte — vernichtet haben. Über diese Vernichtung haben sich verschiedene Kontroversen ergeben: einige, wie Gonget und Kitto glauben, Moses habe das Gold mit einem Zusatz von Nitruin oder Soda verbrannt, der schon oben erwähnte Forscher Kapier erklärt sich die Sache auf eine andere Art, indem er meint, man könne die ganze Schwierigkeit leicht erklären, wenn man annehmen würde, Moses habe das Götzenbild geschmolzen , dann in Barren ausgegossen, diese durch Hämmern in Blattgold verwandelt und letzteres zu Staub verrieben, um es von den Israeliten trinken zu lassen.

Im 1. Chr. 23, 14 heißt es:

„Siehe, ich habe in meiner Armut verschaffet zum Bau des Tempels des Herrn an hunderttausend Zentner Gold und tausend mal tausend Zentner Silber“.

Dieses Gold, welches der König David sammelte, und dessen Menge zu einem jetzigen Wert von 18 000 Millionen Mark geschätzt wird, stammt, wie überhaupt der damalige Überfluß an Gold, aus Rom, wo alles überflüssige Gold aus den Provinzen hinströmte. Wie Homer des öfteren erwähnt, häufte sich dieses Metall im Altertume in einzelnen Ländern in einer unglaublich großen Menge an; diese große Ansammlung wimle teils hervoigerufen durch den sehr geringelt Verkehr, den die Völker unter sich pflegten, dann aber auch dadurch, daß jeder Eroberer soviel Gold mit sich fortführte, als er nur habhaft werden konnte, infolgedessen waren denn nach einer Rückkehr vom Feldzuge die Kassen des Siegers überfüllt.

Diodorus sagt von den Galliern: sie fänden das Gold ohne Mühe und ohne Bergwerk in den Flüssen, trügen nicht bloß Ringe an den Fingern, damit die Äderlein, so vom Ringfinger zum Herzen streichen, gestärket würden, sondern um die Handwurzel, um den Arm, um den Hals dicke Ketten, selbst Panzer von Gold. Nach Justin (32, 3) fand der Feldherr Caepio in einem Tempel zu Tolosa Millionen Pfund Silber tmd anderthalb Millionen Pfund Gold.

Ungefähr 200 v. Chr. finden wir bei Diodorus die von Agatharchides herrührenden Angaben über das Kuppellationsverfahren, d. i. die Befreiungg des Goldes von Beimengen, zuerst vor. Sehr interessant ist die Mitteilung von Plinius: Der goldsüchtige Fürst Caligula ließ eine große Menge des Opermentes, weil dasselbe ein goldähnliches Ansehen hat, schmelzen. Er gewann tatsächlich ein schönes Gold, jedoch von so winziger Menge, daß ihm der Verlust sehr empfindlich war, denn er hatte nur aus Geiz diesen Versuch gemacht. Plinius schildert in seiner Naturgeschichte B. 33 Kap. 21 die Mühen und Gefahren im Bergwerke und beschreibt dann das Auswaschen des Goldes aus den Beimengen wie folgt:

„Es werden nämlich zum Auswaschen dieser Trümmer von den Berggipfeln auf einem Laufe von hundert und mehr Meilen Flüsse hergeleitet; man nennt diese Corrugen vom Zusammenleiten, wie ich glaube. Auch hier gibt es tausend Arbeiten. Das Gefälle muß jähe sein, damit es mehr stürze als fließe; deshalb wird es über die höchsten Stellen gefühlt. Täler und Zwischenräume werden durch unterbaute Köhsen verbunden, anderwärts unwegsame Felsen durchhauen und gezwungen, als Lager für die ausgehöhlten Balken zu dienen. Die Durchhauenden hängen an Stricken, so daß sie, aus der Feine betrachtet, nicht einmal wie wilde Tiere, sondern wie Vögel aussehen; grösstenteils schwebend wägen sie das Gefälle ab und ziehen Striche für die Richtung vor, und wo der Mensch keine findet, um seinen Fuß aufzusetzen, werden von dem Menschen Flüsse fortgeführt. Es ist ein Nachteil beim Waschen, wenn der Fluß auf seinem Laufe Schlamm mit sich bringt, und man nennt diese Erdart: Urium; man leitet deshalb über Felsen und Steine und vermeidet das Urium. Beim Anfänge des Absturzes, am Rande des Berges, werden Wasserbehälter ausgegraben, welche nach jeder Seite zweihundert Fuß groß und zehn Fuß tief sind. . An ihnen werden fünf Schleusen von extia drei Geviertfuß gelassen, so daß, wenn der Teich sich gefüllt hat und die Schätze herausgcschlagen werden, der Strom mit solcher Gewalt hervorbricht, daß er Felsenstücke fortwälzt. In der Ebene gibt es noch eine andere Arbeit; Gräben, durch welche er fortfließen soll, und welche man Apogen nennt, werden ausgehoben und absatzweise mit Stechginster, einem dem Rosmarine ähnlichen Strauche, welcher rauh ist und das Gold zurückhält, belegt. Bretter fassen die Seiten des Stromes ein und führen ihn schwebend über Abgründe; so fällt die durch die Rinne fließende Erde ins Meer …. das gewonnene Gold wird nicht geschmolzen, sondern ist sogleich gediegen. Nach diesem Verfahren, sowie auch in den Schachten werden Klumpen gefunden, welche mehr als zehn Pfund schwer sind. Der Ginster wird getrocknet und verbrannt und die Asche davon auf einer Unterlage von dichtem Rasen gewaschen, damit das Gold niedersinkt.“

Das Amalgamierungsverfahren, sowie die Reinigung des Goldes mittels Quecksilber war zu Plinius’ Zeit schon länger bekannt. Die Trennung des Silbers von Gold scheint man vor unserer Zeitrechnung noch nicht gekannt zu haben, denn dieses beweist folgende Erzählung: Archimedes sollte feststellen, ob und wie viel Silber die Krone des Königs Hiero enthalte ; diese Aufgabe zu lösen, suchte er auf physikalischem Wege, indem er das spezifische Gewicht bestimmte, und nicht auf chemischem. Selbst zu Kaiser Justinians Zeiten hielt man noch die Trennung des Goldes vom Silber für eine sehr schwierige Aufgabe, so daß in den Institutionen jenes Kaisers die Scheidung von Gold und Silber mit der (Trennung) Schwierigkeit der Trennung von Wein und Honig verglichen wird.

Das Silber — Argentum, Luna, Diana. Die Entdeckung des Silbers läßt sich ebenso wie die des Goldes in allerfrüheste Zeit versetzen, darf man wohl annehmen, daß dieselbe gleichzeitig mit der des vorerwähnten Metalles stattgefumlen hat. Auch hier kommt uns die heilige Schrift wieder zur Hilfe. In dem ersten Buche Moses heißt es: daß Abraham (2000 v. Chr.) reich an Vieh, Silber und Gold war; nach Sarahs Tode kaufte er von Ephron unter dem Volke Hetli ein Feld zum Begräbnisplatze für 400 Sekel Silber, welche Simune er, dem damaligen Gebrauche gemäß, nicht in Münzen, sondern nach dem Gewicht entrichtete (1. Moses 23, 16). Joseph, der Enkel Abrahams, wurde von seinen Brüdern an Midianiter Kaufleute für 20 Silberlinge verkauft (1. Moses 37, 28) und als er Minister des Königs war, brachten seine Brüder in der Hungersnot Säcke voll Silber dahin, um Getreide dafür zu kaufen. Als nun Joseph sich nachher seiner Familie zu erkennen gab, schenkte er seinem jüngsten Bruder Benjamin 300 Silberlinge (1. Moses 45, 22). Im 28. Kapitel Vers 1 des Buches Hiob lesen wir: „Es hat das Silber seine Gänge, und das Gold, das man läutert, seinen Ort“. Daß David und Salomon große Schätze in edlen Metallen besaßen, ist schon bei dem vorher besprochenen Metall gesagt worden. Daß das Silber seiner Zeit nicht so geachtet wurde, geht aus folgender Stelle des alten Testamentes hervor: „Alle Trinkgefäße des Königs Salomo waren gülden und alle Gefäße im Hause vom Wald Libanon waren auch lauter Gold; denn das Silber achtete man zu den Zeiten Salomos für nichts“ (1. Könige 10, 21). „Und der König machte, daß des Silbers zu Jerusalem so viel war wie die Steine…“ (1. Könige 10, 27). Von den profanen Schriftstellern des Altertums haben wir mehrfache Berichte: Ecbatana z. B. schreibt im Polybius aus der Zeit, da Alexander diesen Ort eingenommen hatte, indem es heißt, daß die Balken, die Dächer, Pfeiler, welche die Säulenhallen des Palastes unterstützten alle mit Silber oder Goldplatten bedeckt waren; ebenfalls waren die Ziegel von Silber. Obgleich der Ort vor der Ankunft des Antiochus dreimal geplündert worden war, waren doch in dem Tempel von Ena einige mit Goldplatten belegte Pfeiler gebheben, und eine große Menge silberner Dachsteine lagen auf einem Haufen. Nach Herodot soll Crösus, König Lydiens (540 v. Chr.), dem Tempel zu Delphi Geschenke von 4000 Talenten Silber und 270 Talenten Gold also beinahe für 60 Millionen Mark Wert nach unserer heutigen Berechnung gemacht haben.

Das Silber wurde in Bezug auf seine Farbe von den Griechen weiß genannt, wovon auch das lateinische „Argentum“ abgeleitet wurde; ferner deutet der hebräische Name Késeph, Bleichsein, auf seine Farbe. Die Alchemisten gaben dem Metall die Bezeichnung Luna oder Diana mit dem Zeichen des Halbmondes (s. Abbildung).

Nach Plinius sollen die Selianer schon die ergiebigsten Silberbergwerke gehabt haben, bevor die Dardeneern in Indien die reichsten Goldgruben gehabt hätten; nach ihm sind Erichthonius oder Aeacus (beides Griechen) die ersten Verbreiter des Silbers gewesen. Nach Xenophon bearbeiteten die Athener die Silbergruben ihres eigenen Landes (Attikas); auch Epirus hatte zur Zeit Strabos Silbergruben. Die Kolophonier waren die berühmtesten der Griechen wegen ihrer Geschicklichkeit, Gold zu schmelzen, aber keiner derselben war gleich erfahren darin, Silber zu schmelzen, denn nach Strabo konnten erst ihre Nachkommen das Silber mit Vorteil von den beigemengten Erden trennen.

Die spanische Halbinsel soll früher die meisten Edelmetalle hervorgebracht haben, besonders Silber; viele Autoritäten halten dieses Land denn auch für das Tarschisch der heiligen Schrift, wohin Salomo eine Handelsgesellschaft gesandt hat. Dadurch, daß die Phönizier Spanien besuchten, teilweise bewohnten, wurde der Handel zwischen Kolonisten imd dem Mutterlande gefördert und auf die späteren Nachkommen, sowie auf die Einwohner von Tyrus und, Sidon, welche Karthago gründeten, erweitert.

Plinius sagt, daß das beste Silber — außer in den römischen Provinzen — in Spanien und zwar in einer unfruchtbaren gebirgigen Gegend sich findet; wo man eine Ader entdeckte, wurde eine andere nicht weit davon entfernt gefunden. Ferner erwähnt er, daß noch zu seiner Zeit die von Hannibal in Angriff genommenen Gruben mit ihrem ursprünglichen Namen vorhanden waren. Überhaupt lieferte gerade Spanien mit seinem Silberreichtum Hannibal die Hilfsmittel zum Kriege, die ihn in den Stand setzten, das ganze römische Reich zu erschüttern, ferner übernahm dasselbe, wie schon eben erwähnt, lange Jahre die Gruben, in der Absicht, tun riesige Vorräte anzusammeln.

Diodorus gibt uns eine Überlieferung über die Entdeckung des Mineralreichtums in Spanien (Bd. V., S. 35), in der es heißt: daß die Pyrenäen mit dicken Wäldern bedeckt waren, welche entweder durch die Schiffer oder durch den Blitz entzündet wurden mul so lange fortbrannten, daß die Hitze der Mineralien schmolz und demnach das Süber, welches der Erdboden im Überfluß hatte, gleich einem Wasserstrome in die Täler lief. Er fügt ferner hinzu, daß die Einwohner, die den Wert des Metalles nicht kannten, dasselbe an die phönizischen Kaufleute gegen Kunstsachen von geringem Werte vertauschten. Diese Kaufleute, welche nur zufällig gelandet hatten, beluden ihre Schiffe mit dem kostbaren Metalle, bis sie nichts mehr fassen konnten und zuletzt ihre bleiernen Anker durch solche von Silber ersetzten. Wenn diese Angaben auch übertrieben sind, so steht doch fest, daß in damaliger Zeit von den Phöniziern, Karthagern und Römern eine enorme Menge dieses Edelmetalles aus Spanien geholt und nach allen Ländern zum Austausch gegen Waren gebracht wurde.

Nach dem Untergange des Römischen Reiches, sollen die Gruben in ganz Europa einige Jahrhunderte hindurch brach gelegen haben. Die Reinigung des Silbers bewerkstelligte man nach Strabos Bericht zur Zeit der Geburt Christi durch Zusammenschmelzen mit Blei. Bemerkenswert ist die Stelle im VIII. Buche Kap. 3 der Metaphysik, (Bek. 1043b 27 und Schwegler H Bd. 143) bezügl. des Silbers:

Von Silber lasse sich nicht sagen, was es sei, sondern nur so viel, es sei von derselben Beschaffenheit (etwas Ähnliches) wie Zinn. Auch wurde die Legierung von Gold und Silber als besonders eigenartiges Metall betrachtet und von den Ägyptern „asem“, von den Griechen Elektros genannt, welche Bezeichnungen sich bei Homer finden.

Das Kupfer — Erz — aes cyprium — Cuprum — Orichalcum. Im alten Testament heißt das Metall Nehósheth, von Nahásh, schimmern, und in der Vulgata als aes übersetzt, womit man aber nicht nur Kupfer sondern auch Bronze und Messing bezeichnete. Das Wort Bronze soll von dem Persischen birindsch dem heutigen Messing herstammen. Auch bei Kupfer finden wir in der heiligen Schrift Stellen die von dem Bekanntsein dieses Metalles in uralten Zeiten Zeugnis ablegen. Im 2. Buch Moses Kap. 27, 2 heißt es: „Hörner sollst du auf seinen vier Ecken machen und sollst ihn mit Erz überziehen“. Ebenda Vers 3: „all seine Geräte sollst du von Erz machen“. Nach Berthelot besteht das Szepter des Ägypterkönigs Pepi I. aus Kupfer und ist der Bronzezeit damals noch nicht in Ägypten bekannt gewesen, so daß der Bronzezeit erst eine Kupferzeit vorangegangen zu sein scheint. Nach v. Eichwald scheinen die zu demselben Volksstamme gehörenden Urbewohner Nordasiens, die Tschuden, die Scythen im südlichen Rußland und die Kelten in Europa die Kupfererze des Altais auf rohe Weise zu Kupfer verschmolzen und dieses später mit Zinn legiert zu haben, welches höchst wahrscheinlich aus dem südlichen Asien (Leuka, Malacca, Sumatra, Siam) bezogen wurde. Revies Kupfer wurde zur Zeit Homers häufig angewendet; er bezeichnete dasselbeSchwefelkupfer. Nach homerischer Schilderung waren die Helden des trojanischen Krieges mit ehernen Waffen ausgerüstet; hieraus ist zu schließen, daß zu damaliger Zeit für die Herstellung von Waffen nicht das Eisen, sondern das Erz gedient hat. Die Griechen imd Römer bezogen das Kupfer hauptsächlich aus dem Geburtslande der Venus, von der Insel Cypern, und nannten es daher Aes Cyprium, welches nachher in Cuprum, von Spartianus (290 n. Chr.) zuerst benannt, umgeändert wurde. Über die Kupfergewinnung berichtet Plinius sehr wenig; zu medizinischen Zwecken wurde seit alten Zeiten die Kupferverbindungen: Aes ustum, welches wohl Kupferoxydul gewesen zu sein scheint. Squama aeris, Viride aeris und der blaue Vitriol verwendet. Über die Darstellung des Kupferoxydul gibt Plinius eine kleine Anleitung: Das cyprische Erz wird in irdenen Töpfen gebrannt, wobei entweder Schwefel, Alaun oder Salz zugefügt wurde.

Die Kupferbereitung soll nach Griechenland durch den Phönizier Kadmos gelangt sein, der im Jahre 1594 v. Chr. dorthin kam und in den Ahenoischen Gebirgen Kupfergruben eröffnet haben soll.

Über die Bronzen gibt Plinius eine Beschreibung, die nahezu mit der Zusammensetzung unseres Kanonengutes zu vergleichen ist; dieses geht aus folgenden Beispielen hervor: Plinius gibt uns diesbezügl. Bezepte: auf 100 Teile Kupfer enthalten kampanisches Erz 10 Teile Zinnlegierung, italienisches Erz 8 Teile, gräzenisches Blei 10 Teile, 5 Teile Zinn, Erz zu Geräten, 4 Teile Zum. Zu Bronzestatuen winde folgende Zusammensetzung in Anwendung gebracht: 75 Teile altes Erz, 25 Teile Kupfer und 12 ½ Teile Blei; piupinfarbenes Erz zu den Säumen der Togas 100 Teile Erz und 4 Teile Blei.

Theophrast berichtet, daß schon in ältester Zeit aus Malachit und Kupferlasur Kupfer hergestellt wurde; indes ist dieses nur selten der Fall gewesen, denn weit mehr verbreitet war die Gewinnungsmethode, aus geschwefelten Kupfererzen Kupfer darzustellen. Als Erze der letzteren Art werden

bezeichnet, die man nach einer einfachen Aufbereitung und darauf folgendem Rösten in kleineren und größeren Schachtöfen (fornacula oder eaminus) verschmolz; als Produkte aus diesem Prozeß werden aufgeführt: aes nigrum (Schwarzkupfer), aes caldarium (Scheibenkupfer, Rollkupfer, aus Schwarzkupfer erzeugt und zum Gießen benutzt) und aes regulare, aes conorarium (Stangen oder Kranzkupfer hämmerbar). Muck sucht in seiner Arbeit: Die Kupferzeit in Europa und ihr Verhältnis zur Kultur der Indogermanen (Wien 1880) den Nachweis zu bringen, daß das Kupfer (vom althochdeutschen „Kuphar“) der Bevölkerung Europas einschließlich der griechischen Inseln und der asiatischen Küste des Hellespont von allen anderen Metallen das zuerst bekannte gewesen sei, und daß seine Verwendung sich über den ganzen Erdkreis verbreitet hätte.

Das Kupfer spielte bei den Alchemisten eine hervorragende Rolle und wurde wegen seiner Neigung, verschieden gefärbte Verbindungen zu geben, die Venus der Metalle genannt; nach anderer Lesart so bezeichnet, nach Venus, der Schutzgöttin Cyperns und mit deren Handspiegel (siehe Abbildung).

Was die Eigenschaften des Kupfers z. B. zur Färbung des Glases, die Färbung des Ammoniaks durch Kupfer, die Kenntnis des schwefel-samen Kupfers usw. betrifft, so müssen dieselben nach den Berichten des Seneca, Theophrast, Dio-dor, Plinius und anderer Schriftsteller schon längst bekannt gewesen sein.

Blei, Plumbum nigrum — Stannum), dessen Kenntnis weit in das Altertum zurückreicht, wird schon von den Ägyptern, Indern und Hebräern erwähnt. Thutmes III. der größte der Pharaonen, führt das Blei in seinen Tributlisten auf. Die Inder verwendeten das Blei (sissa, mulva) zu Amuletten und als Gewichte zum Spannen der Fäden beim Weben, ferner zur Reinigung des Silbers und zur Darstellung von Mennige als Schminke. Im 2. Buch Moses 15, 10 wird des Bleies (ophereth bedél) Erwähnung getan in dem es heißt: „Da ließest du deinen Wind blasen, und das Meer bedeckte sie, und sanken unter wie Blei im mächtigen Wasser“.

In der ältesten griechischen Übersetzung ist das Bedil der Hebräer in 3. Jahrhundert v. Chr. Zinn übersetzt; freilich findet sich in jeder Übersetzung für Bedil auch das Wort Blei welches zweifellos unser jetziges Blei bedeutete. Die Griechen gewannen das Blei auf Rhodus, Cypem und namentlich in Laurion; die Römer dagegen bezogen dasselbe aus Spanien, Gallien und England, ferner aus ihren Bleigruben bei Iglesias in Sardinien; in Deutschland hatten die Römer ebenfalls Bleiwerke, beispielsweise im Lahn-und Siegtale und in der Eifel. — Über den Schmelzprozeß weiß man wenig, da sich Plinius in seinen Schilderungen sehr undeutlich ausgedrückt hat. Die Alten sahen das Blei und Zinn nicht als verschiedene Körper, sondern nur als besondere Arten ein und desselben Metalles an. Plinius nannte die beiden Arten: Plumbum nigrum, das schwvarze Blei und Plumbum candidum, das weiße Blei oder Zinn; ebenso gebraucht Plinius den später allgemein für Zinn angewendeten Ausdruck: Stannum auch für Bleilegierungen. Dieses ergibt sich aus .folgenden Worten: „Das schwvarze Blei hat einen doppelten Ursprung, denn entweder kommt es aus seiner eigenen Ader und bringt weiter nichts anderes aus sich hervor, oder es entsteht mit dem Silber und wird aus der gemischten Ader ausgeschmolzen. Der erste Fluß, welcher von diesem in den Öfen davon läuft, heißt Zinn (Stannum), der zweite Silber, und was in den Öfen zurückbleibt, Bleiglanz. (Plinius, Naturgesch. B. 34 Kap. 47). Das Blei wurde bei den Römern zu Wasserleitungsröhren (fistulae im Gegensatz zu tubuli Tonröhren), Schreibtafeln, Münzen verwandt; auch war das Löten mit Blei oder mit einer Legierung von diesem und Zinn wohl bekannt, indem es wegen seiner Zähigkeit zur Befestigung von Bronze- imd Eisenklammem in Quadern, als Riefen um irdene Weinfässer, als Draht zum Festhalten der Haarlocken, wegen seiner Schwere an Angeln, zum Schleudern (glans missilis, Schleudereichel der Römer) in den Riemen der Ringkämpfer und zu Gewichten diente. Ferner fand das Blei bei den Alten in der Heilkunde mannigfache Verwendung; z. B. berichtet Plinius in seiner Naturgeschichte B. 34 Kap. 50 über einige Bleipräparate, wie: Plumbum lotum — gepulvertes und mit Wasser geschlemmtes Blei, Plumbum ustum — schwarzes Schwefelblei, Scoria plumbi — geschlemmte Bleischlacke, welche aus Bleisilikat und Bleioxyd bestand. Das Bleioxyd nannte man, je nachdem es aus den Gold- oder Silberöfen herstammte, entweder Lithargyrum auri oder Lithargyrum argenti; dieses benutzte man zur Bereitung von Bleipflastern. Ferner das Psimithium oder Cerussa-Bleiweiß, Minium-Zinnober. Schon damals, wie auch im späteren Mittelalter wurde der Zinnober zum Malen der Zierbuchstaben benutzt, und man nennt diese Kunst heute noch Miniaturmalerei. Plinius verstand unter dein Namen „Minium“ auch Mennig imd sagt über dessen Darstellung, daß derselbe aus Silber und Bleierzen durch Ausbrennen in Öfen gewonnen und durch nachheriges Mahlen zu Pulver gemacht wird. Ebenso war Plinius bekannt, daß das Bleiweiß durch Glühen in roten Mennig übergehe. Hieraus folgt, daß man damals schon den Mennig wie jetzt, also durch Glühen von Bleioxyd, herzustellen wußte. — Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß bei den Griechen zur Zeit des Dioskorides schon die Bereitung von Bleipflastern aus Bleiglätte und Öl betrieben wurde. — Die alten Philosophen gaben dem Blei das Zeichen des Saturnus, wie dieser ernst, traurig, finster und langsam, so sei jenes aschfarbig traurig und träge in jeder chemischen Operation: wie der Saturn seine Söhne verschlinge, so zerstöre und zernage das Blei die anderen Metalle.

Das Zinn — Stannum — oder Jupiter, man sagt, daß letzterer Name der Hias metallisches Zinn bedeutet habe; diese Auffassung ist jedoch sehr zweifelhaft. Jedenfalls war das Metall im Altertums von größter Wichtigkeit, denn so lange man keinen Stahl kannte, konnte man das mittelst desselben dargestellte harte Produkt als einzigen Ersatz bieten. Damals verzinnte man beispielsweise Küchengerate; in Indien wie in China war die Bronzeindustrie hoch entwickelt, auch prägte man in China Münzen ans Zinn. In Europa war Cadiz, unter den Römern Marseille Hauptstapelplatz für spanisches und englisches Metall. Einen bedeutenden Aufschwung nahm die Zinnindustrie durch die Ausbreitung des Glockengusses, welcher früh nach Byzanz gelangte und schon im 6. Jahrhundert in Italien im Dienste des christlichen Kultus stand.

Ungewiß ist es auch, woher die Phönizier das also bezeichnete Metall (resp. eine Legierung) geholt haben, ob aus Indien, Britannien oder Iberien. Die Lautverwandtschaft des Sanskritwortes „Kastira“ ist als Argument zugunsten der ersteren Annahme geltend gemacht worden. (Vergl. Alex. v. Humboldt, Kosmos II p. 409.) Die Sage erzählt, daß das Zinn auf den Inseln des Atlantischen Meeres gesucht und in geflochtenen und mit Häuten umnähten Fahrzeugen zugeführt wurde. Wenngleich Plinius die Kassiteriden auch an die Küste Spaniens verlegt, so dürften unter den Zinninseln des Altertums doch wohl die Scilli- oder Sorlingnes- oder die gesamten britischen Inseln zu verstehen sein, denn heute noch kommt das Zinn in Cornwall im Urgebirge vor.

Das Zink ist als Metall im Altertum gewiß nicht bekannt gewesen; wohl aber haben seine Legierungen mit Kupfer verbreitete Anwendung gefunden. Aristoteles bezeichnete zuerst als „Erz der Mossynöken“ das Messing; dasselbe wurde lange Zeit als Kupfer, welches durch Schmelzen einer Erde „cadmia“ gelb gefärbt war, angesehen, war erst viel später als Legierung erkannt. Bezüglich des Zinkes weist Aristoteles darauf hin (vergl. Bekker S. 835, 62 Z. 9): „Man erzählt, das Mossynökische Erz sei sehr glänzend und weiß, nicht weil ihm Zinn zugesetzt, sondern weil eine gewisse dort entstehende Erde mit ihm znsammengeschmolzen wird.“ Die cadmia wird schon 300 v. Chr. als Heilmittel gerühmt und bedeutet soviel als Zinkoxyd oder auch zinkreiche Erze. Nach K. B. Hofmann ist es nicht unwahrscheinlich, daß das Wort „Galmei“ aus Cadmia hervorgegangen ist.

Das Eisen — „Ferrum“. — Wenngleich die Anwendung des Eisens nicht so alt ist, wie die des Erzes, so reicht dieselbe nach Lepsius in die älteste Zeit hinauf und zwar bei den Ägyptern bis vor 5000 Jahren. Überhaupt waren schon die meisten Völker des Altertums mit der Bearbeitung des Eisens vertraut. Moses z. B. läßt die Bekanntschaft mit demselben bis vor die Sintflut zurückgehen. Eme Stelle aus dem 5. Buche Moses 8. Kap. V. 7 und 9 bestätigt dieses: „Der Herr, dein Gott führet dich in ein gut Land, . . . ein Land, dessen Steine Eisen sind, da du Erz aus den Bergen hauest!“ Die Griechen verlegten die Entdeckung des Eisens in die Zeit des Prometheus; über die Gewinnung des Eisens selbst, und welche Erze wohl am meisten verarbeitet wurden, wissen wir wenig; indes dürfte der Magneteisenstein vor allen anderen Eisenerzen ün Altertum bevorzugt gewesen sein, denn Plinius sagt in seiner Naturgeschichte B. 34 Kap. 51, daß das Erkennen desselben ohne jede Schwierigkeit zu bewerkstelligen sei, da dasselbe sich schon durch die Farbe der Erde verrät. Aristoteles führt in seinem Buche: „Von wunderbaren Erzählungen“ an, daß die Chalybier und Mysier (Skythien) aus gewaschenem und geschlemmtem Flußsande (Magneteisensand) das ausgezeichnetste Eisen, das chalybische und mysische, herstellten. Im 5. Buch Moses 4, 20 steht geschrieben: „Euch aber hat der Herr angenommen und aus dem eisernen Ofen, nämlich aus Ägypten, geführet, daß ihr sein Erbvolk sollt sein . . . daraus folgt, daß das Eisen schon 3000 Jahre v. Chr. den Ägyptern und Juden bekannt gewesen sein muß. Der Engländer Hill hat am 20. Mai 1837 in der großen Pyramide des Cheops ein Stück Schmiedeeisen gefunden, welches im britischen Musemn in London aufbewahrt ist und ein Alter von 4900 Jahren haben soll. In jüngerer Zeit hat ein gewisser Belzoni in Karnack unter der Statue einer Sphinx ein Stück bezw. einen Teil einer Sichel gefunden, welches 2800 Jahre alt sein soll. Im 3. und 4. Jahrhundert v. Chr. standen die Eisengruben auf der Insel Elba und das steierische Eisen in hohem Rufe. Das Metall war beispielsweise zur Zeit Cäsar (60 v. Chr.) in England so selten, daß es mit Gold gleichen Wert hatte. Das Eisen selbst wurde in Schmelzöfen gewonnen, deren Form — die ältesten aus ägyptischem, spätere aus römischem Gebrauche — uns durch Inschriften und Ausgrabungsbefunde noch erkennbar sind. Die Ägypter kannten auch die Methoden zur Härtung des Eisens.

Man findet noch vielfach Spuren eines primitiven Schmelzverfahrens in Gestalt kleiner Öfen in der Nähe von Schlackenhalden, so z. B. am Taunus und zu Wicklitz in Böhmen, etwa einen halben Meter unter der Erdoberfläche. Die ersteren sind in der Regel unten eng oft nur 0,5 m unten und 1,5 m oben weit bei 1 m Höhe. Ein aus Quarzitstücken zusammengesetzter Mantel um schließt einen Kernschacht ans meist roter Tonmasse. Das in solchen Öfchen erhaltene schmiedbare Eisen wurde als Luppe ausgebrochen und gleich an Ort und Stelle auf Beile, Zangen, Hacken verarbeitet.

Aristoteles bediente sich verschiedener Ausdrücke für das weiche und harte Eisen. Diese Methode der Eisen- und Stahlbereitung hat sich unter dem Namen Rennarbeit oder Kuppenfrischen bis auf unsere Tage besonders in Asien, Afrika, in den Pyrenäen, in Italien erhalten, wo man reine, leicht reduzierbare Erze, sehr billiges Brennmaterial und verhältnismäßig niedrige Arbeitslöhne hat.

Aristoteles erwähnt ferner bei seiner Beschreibung der Frischstahlbewegung das Eisen im metallischem Zustande erhalten, durch Hitze wie Wasser flüssig gemacht werde, dann wieder erstarre und sich ein stahlhartes Produkt erzeuge. Unter dem flüssigen Eisen kann wohl nur Gußeisen verstanden sein, da Schmiedeeisen im Frischherde nicht schmilzt. Teilweise wird diese Methode der Stahlbereitung auch heute noch im Orient z. B. in Indien ausgeübt; man gewinnt mit diesem Verfahren das berühmte Wootzstahl, ein weißgrelles Roheisen, welches durch wiederholtes Ausglühen unter Kohleverlust die Eigenschaft des hämmerbaren Stahls annimmt.

Alte römische Schmelzöfen nebst Zubehör sind kürzlich bei Eisenberg in der Pfalz ausgegraben worden. Was die Form von ägyptischen Geräten, welche beim Ausschmelzen des Eisens gebraucht wurden, anlangt, läßt sich dieselbe annähernd aus Inschriften erkennen. Besonders interessant ist es, daß die Form alter ägyptischer Blasebälge sich noch bis heute in den Ländern Innerafrikas erhalten hat; dieses hat wohl vornehmlich darin seinen Grund, daß die Schwarzen zu sehr an dem Althergebrachten hängen.

Das Quecksilber — Argentum vivum — Hydrargyrum — Mercurius vivus. Über dasselbe findet man die ersten Nachrichten bei Theophrast um 321 v. dir., welcher in seiner Schrift über die Mineralien die Gewinnung desselben aus Zinuober mittelst Kupfer und Essig angibt und dasselbe als flüssiges Silber bezeichnet. Eine andere Darstellung der Zersetzung des Zinnobers durch Erhitzen in einer eisernen Schale gibt Dioskorides (100 n. Chr.) an und nenn das dabei kondensierte flüssige Metall, Wasser und Silber. Vitruvius erwähnt in seiner Schrift „de architectura“ VII, 8 des Ausfließens des mit Zinnober vorkommende Quecksilbers. Plinius unterscheidet zwischen dem natürlich vorkommenden und dem aus Zinnober gewonnenen Quecksilber und sagt von ersterem: „Es findet sich auch in diesen Adern (Silbererz) ein Stein, dessen ewig flüssiger Eiter Quecksilber (Argentum vivum) heißt. Dieses ist ein Gift für alle Dinge und zernagt die Gefäße, indem es mit seiner abscheulichen Jauche durchsickert. Alles schwimmt auf ihm, das Gold ausgenommen“. ( Vgl. Plinius, Naturgesch. B. 33, Kap. 32.) Alsdann erwähnt Plinius, daß das Reinigen des Quecksilbers mittelst Durchpressens durch Leder geschieht; bezüglich der Gewinnung des Metalls aus Zinnober drückt er (Plinius) sich folgendermaßen aus: „Aus dem Mennige zweiter Sorte (Zinnober) hat die Welt auch das Hydrargyrum , welches die Stelle des Quecksilbers vertreten soll, herausgefunden. Es wird aber auf zweierlei Arten bereitet; entweder stößt man den Mennig in ehernen Mörsern mit Keulen in Essig, oder man setzt ihn in einer eisernen Schale in irdene Schüsseln, bedeckt ihn mit einem Kelche, welchen man mit Lehm verschmiert, bringt ihn dann durch ein Feuer unter den Schüsseln mit anhaltendem Gebläse in Glut und wischt den auf diese Weise sich an dem Kelche ansetzenden Schweiß ab, welcher die Farbe des Silbers und die Flüssigkeit des Wassers hat. Auch das Hydrargyrum teilt sich leicht in Tropfen imd läuft ebenso leicht als ein schlüpfriges Kali zusammen. Da man es übereinstimmend für Gift hält, so betrachte ich alles, was man von dem Gebrauche des Mennigs in der Heilkunde airführt, als gewagt, den Fall vielleicht angenommen, wenn es zum Stillen des Blutes auf den Kopf oder den Bauch gestrichen wird, wobei es nicht in die Eingeweide dringen und keine Wunde berühren kann; eine andere Anwendung desselben möchte ich nicht anraten“. (Vergl. Plinius Naturgesch. Bd. 33, Kap. 41.) Wie schon auf Seite 19 erwähnt, war die Fähigkeit des Quecksilbers, Gold aufzulösen, eine längst bekannte Tatsache, von der auch Vitruv Gebrauch macht, indem er eine genaue Vorschrift gibt, wie man aus abgetragenen goldgestickten Gewändern mittelst des Quecksilbers das Gold gewinnen könne. Isidorus, im Anfänge des VII. Jahrhunderts, erkannte die auflösende Wirkung des Quecksilbers auf andere Metalle und seinen schädlichen Einfluß auf den tierischen Organismus. -— Die Versinnbildlichung des Quecksilbers wird durch den Merkur dargestellt; der Name Quecksilber stammt von dem niedersächsischen Quik = lebendig, lebhaft.

Stibium — Antimonium — Spießglanz. Das Antimonerz — das Schwefelantimon — war schon in den ältesten Zeiten bekannt. Plinius bezeichnet dasselbe mit Stibium, Alabastrum oder Larbason, und dasselbe teils als äußerliche Heilmittel, teils zum Schwarzfärben der Augenbrauen benutzt wurde. Die griechischen Männer nannten diese Substanz, welche später wegen ihrer spießigen Krystalle mit Spießglanz augenerweiternd, weil ihre Frauen sehr lüstern darnach waren, um sich die Augenbrauen zu schwärzen und dadurch die Augen größer erscheinen zu lassen; daher erklärt sich denn auch die von Homer oft gebrauchte Bezeichnung: „farrenäugig“ für die Götter Königin. — Das Gleiche findet man schon im alten Testamente bei Ezechiel erwähnt. Bezüglich der Reingewinnung des Schwefelantimons haben Plinius und Dioskorides einige Angaben gemacht, die jedoch sehr unklar gehalten sind.

Arsenik — Sandaracha — Auripigmentum — Hüttenrauch. Wenngleich man im Altertume nur die Schwefelverbindungen des Arseniks kannte, so bediente sich schon Aristoteles 400 v. Chr. des Namens Sandarach und Dioskorides der Bezeichnung Arsenicum. Letztgenannter unterschied zwei Sorten: eine goldgelbe, die er mit Auripigment-Hüttenrauch , und eine zinnoberrote, die er mit Sandarach oder auch Realgar bezeichnete. Plinius sagt von der Verwendung des Sandaraeha (Realgar) folgendes: „Es ist gut zum Reinigen, zum Stillen, zum Erwärmen und zum Ausnagen, da es hauptsächlich eine beizende Kraft hat. Mit Essig auf gestrichen, macht es Glatzen wieder behaart ; auch kommt es in die Augenmittel. Mit Honig genommen, reinigt es den Schlund und gibt der Stimme Klarheit und Klang; mit Terpentinharz in der Speise genommen, hilft es den Engbrüstigen und Hustenden auf eine angenehme Weise; auch hilft es diesen schon, wenn man es nebst Zedernholz als Räucherung braucht, durch den Dunst“.

Ferner erwähnt Plinius, daß die Juden einen Brei von gelöschtem Kalk und Wasser mischten und denselben zur Entfernung des Barthaares gebrauchten. Recht bezeichnend ist es, daß weder Plinius noch Dioskorides etwas von der Giftigkeit dieser Arsenverbindungen erwähnen. (Vergl. Peters, Aus pharmaz. Vorzeit, H, S. 118).

Der Schwefel — Sulfur. Nach Dioskorides’ Berichten unterschieden schon die alten Griechen den gediegen vorkommenden und den ausgeschmolzenen. Von dem ersteren Sulfur vivum nativum sagt Plinius: „Er wird lebendig ausgegraben und ist durchsichtig und grün: ihn allein gebrauchen die Ärzte“. Und in Bezug auf die Gewinnung des Schwefels fährt er mit folgenden Worten fort:

,,Er wird auf den äolischen Inseln zwischen Sizilien und Italien, welche brennen, erzeugt, der vorzüglichste aber auf der Insel Melos, …. er wird daselbst aus Schachten ausgegraben und durch das Feuer geläutert“.

(Vergl. Plinius, Naturgesch. B. 35, K. 50.) Aus vorstehenden Zeilen kann man also sicher annehmen, daß die Alten, zumal Plinius die Fundorte des Schwefels hauptsächlich in vulkanischen Gegenden anführt, den Schwefel durch Schmelzen aus Erde gewonnen haben.— Auf keinen Fall wurde schon damals der Schwefel aus dessen Verbindungen dargestellt. — Wie aus den obigen Worten des Plinius hervorgeht, wurde der Schwefel in der Heilkunst ferner zum Bleichen und zur Räucherung verwendet und zwar vom Alteitume bis zmn Ende der Vorherrschaft der galenisch-arabischen Schule.

Vitriol — Kupferwasser — Schusterschwärze — Erzbhune — Vitriolum — Colcothar — Chalcanthum-Atramentum sutorium. Eisenhaltiges Kupferwasser gehörte schon vor unserer Zeitrechnung dem Arzneischatze an. Plinius behauptet, daß die Römer das Kupferwasser als Schusterschwärze (Atramentum sutorium) und die Griechen als Chalcanthum bezcichneten. Interessant sind die Ausführungen des Plinius bezüglich der Gewinnung der Schusterschwärze, die wir unseren Lesern auch nicht vorenthalten wollen. Plinius sagt folgendes:

„Sie (die Schusterschwärze) entsteht in Brunnen und Sümpfen, welche diese Art Wasser haben. Dieses wird abgekocht, mit einem gleichen Maße süßen Wassers gemischt und in hölzerne Behälter gegossen ; über diesen hängen an unbeweglichen Querstangen durch Sternchen angespannte Schnüre, an welchen der Schlamm (Krystalle) anschließt und durch seine gläsernen Beeren das Bild einer Traube darbietet. Was man so herausnimint. wird dreißig Tage lang getrocknet. Es bat eine himmelblaue Farbe, einen sehr ansehnlichen Sehimmer und könnte für Glas gehalteu werden; löst man es auf, so erhält man die Schwärze zum Färben des Leders. Man gewinnt die Erzbhune aueh noch auf sonstige Weise, indem man in dieser Erdart Gruben aushöhlt, aus deren Seiten bei dem Winterfroste Eiszacken heraussickern; man nennt sie Tropferzblume, und keine andere ist reiner; nimmt aber ihr Teilchenblau eine helle Farbe an, so heißt sic Lanzenerzblume (Lonehoton). Sie bildet sich auch in Felsenkesseln. wo der vom Regenwasser geschlemmte Schlamm gefriert; ferner bildet sie sich nach Art des Salzes, wenn eine sehr starke Sonnenglut das zugelassene süße Wasser verdichtet. Deshalb unterscheiden manche eine doppelte Erzblume , nämlich eine gegrabene und eine künstliche; die letzteie ist blässer, und je schlechter ihre Farbe ist, desto geringer ist auch ihre Güte. Für den ärztlichen Gebrauch schätzt man am liebsten die cyprische.“ (Vergl. Plinius, Naturgeschichte B. 34, Kap. 32.) Aus Vorstehendem geht deutlich hervor, daß die Alten den Vitriol aus den Grubenwasser, die die schwefelsauren Salze mit sich führen, gewonnen haben.

Der Beschreibung des Plinius entsprechend, geben wir nachstehend eine Darstellung, welche die Gewinnung des Vitriols aus Grubenwassern versinnbildlicht. Wir sehen rechts eine viereckige bleierne Cüvette, in welcher das vitriolhaltige Wasser eingedämpft wird, und links einen großen hölzernen Kasten, in welchem die ein gedampfte Masse kristallisiert. Oben auf dem Tröge befindet sich ein Holzgitter, an welchem Stricke mit Sternchen angebracht sind. — Neben dieser Darstellung kannte man im Altertume auch schon die Gewinnung eines Vitrioles aus dem Haarkiese. Wie schon berichtet, diente der blaue eyprische kupferhaltige Vitriol vorzugsweise dem Arzneischatze, obwohl Plinius sowohl als aueh Dioskorides die brecheiferregenden Eigenschaften anführen.

Alaun — Alumen. Sehr zweifelhaft ist es jedoch, ob die Alten den Alaun aus den Erzen schon künstlich darzustellen wußten, denn Plinius sowohl als auch Dioskorides nannten ihn als einen vorkommenden Salzsaft der Erde. Der Alaun diente im Altertum nicht nur der Heilkunde, sondern derselbe wurde auch damals schon zur Herstellung des Leders und zum Beizen der Wolle verwendet.

Salpeter — Sal petrae. Bei den alten Römern schon sehr bekannt, ist derselbe mit unserem heutigen Salpeter durchaus nicht identisch. Man hatte nämlich im Altertum verschiedene Sorten, worunter wohl die eine oder andere Art dem natürlich vorkommenden Salpeter entsprach. Die Ausführungen des Plinius über dieses Nitrium sind sehr dunkel gehalten, wohl spricht er sich deutlich darüber aus, es sei viel schärfer, was schon daraus erhelle, daß die Salpeterlachen die Schuhe gleich verzehrten.

Das Kochsalz — Sal — war schon in den allerältesten Zeiten bekannt; wie dasselbe jedoch gewonnen wurde, darüber geben uns erst einige Schriftsteller des ersten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung Aufschluß. Über die mehrfache Verwendung des Salzes äußert sich Plinius folgendermaßen:

„Ein behaglicheres Leben kann also wahrlich ohne Salz nicht bestehen, und es ist ein so notwendiger Grundstoff, daß man seinen Begriff auch auf die Genüsse des Geistes übertragen hat; daher nennt man diese Salze, und alle Annehmlichkeiten des Lebens, sowie die höchste Fröhlichkeit und die Erholung von der Arbeit lassen sich durch kein anderes Wort besser bezeichnen“.

Nach Plinius wurde, weil das in Attika dargestellte Salz neben besonderer Schärfe noch einen eigenartig bitteren Beigeschmack hatte, mit dem Ausdrucke „attisches Salz“ Witz und Humor bildlich bezeichnet. Das natürliche Salz wurde ebenfalls von den Alten zu Heilmitteln verwendet, während das aus den salzhaltigen Wassern künstlich gewonnene Salz zum sonstigen Lebensunterhalte Verwendung fand. Nach Herodot wurde bei dem Tempel des Jupiter Ammon in Lybien ein Steinsalz, das Sal ammoniacum der Alten, unter dem Sande ausgegraben, und daher kommt es, daß Plinius sowohl als auch Dioskorides von einem Sandsalze sprechen und dasselbe für eine besondere Art des natürlich vorkommenden Salzes halten. Die Herstellung des Salzes im Altertume geschah auf die einfachste Weise: Man ließ das Meer- oder Solwasser in Salzlachen durch die Sonnenwärme verdunsten; ferner berichtet Plinius, daß die Alten Salzwasser auf brennendes Holz gossen, um dasselbe einzudampfen, denn das hierzu verwandte Holz sollte auf die Güte des Salzes von großem Einflüße sein; dieses beweist folgende Stelle aus Plinius, Naturgesch. Bd. 31, Kap. 3 9: „Das Eichenholz hält man für das beste, weil die reine Asche desselben schon an und für sieh die Kraft des Salzes besitzt; anderwärts rühmt man das Haselholz, weil sogar die Kohlen desselben, wenn man Salzbrühe darauf gießt, sich in Salz verwandeln.“

Bei diesen technisch-archäologischen Einzelheiten haben wir noch ein wenig zu verweilen, um verschiedene Verfahren kennen zu lernen, deren Entstehen weit hinaufreicht bis zu den ältesten Zeiten, und welche mittelbar oder unmittelbar für spätere Untersuchungen die Grundlage abgegeben haben; dieses wäre die Darstellung des Glases und das Brennen des Tones, die Bereitung von Farben, Seifen und Heilmitteln. —

Der Ursprung der Glasmacherei reicht bis ins früheste Altertum zurück, und wir finden bezüglich des Ortes der Erfindung des Glases in der Naturgeschichte von Plinius, Bd. 36, Kap. 65, folgende interessante Stelle: „In dem Judäa benachbarten Teile von Syria, welcher Phoinike genannt wird, ist am Fuße des Berges Karmelos ein Sumpf, welcher Kendebia genannt wird. Aus diesem, glaubt man, komme der Fluß Belos, welcher 5000 r. Schritte (1 M.) davon neben der Pflanzstadt Ptolemais bis Meer fällt. Er fließt mir langsam und hat ungesundes Wasser, doch wird er durch gewisse Gebräuche geheiligt, ist trübe und hat ein tiefes Bett. Nur beim Zurücktreten der See legt er seinen Sand bloß, welcher, durch die Wellen hin- und hergerollt und von allem Schmutz gereinigt, glänzt. Auch soll er erst durch die Schärfe der See gekräftigt werden und vorher ganz unbrauchbar sein. Der Raum am Ufer beträgt höchstens 500 r. Schrtte (2500 Fuß), und diese kleine Strecke lieferte Jahrhunderte hindurch genügend Stoff zum Glase. Es geht die Sage, daß einst ein Schiff, mit Salpeter befrachtet, hier gelandet sei, und daß die Inhaber, als sie, am Ufer zerstreut, sich Speisen zubereiteten und keine Steine zu Unterlagen für die Kessel fanden, Salpeterstücke dazu genommen hätten. Als nun diese sich mit dem Ufersande erhitzt hätten, da seien Bäche einer neuen durchsichtigen Flüssigkeit daraus hervorgelaufeu, und das sei die Entstehung des Glases gewesen“. Wo Plinius von einer Sage spricht, gibt er selbst zu, daß diese Angaben nicht ganz verlässig sind. Auf jeden Fall waren die alten Ägypter schon lange vorher mit der Glasbereitung vertraut; es beweist das, daß auf einigen alten ägyptischen Denkmälern aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. Männer, mit der Glasmacherpfeife beschäftigt, abgebildet sind, ja, noch mehr, es sind uns aus dem 17. Jahrhundert v. Chr. noch Glasgefäße erhalten geblieben. Den alten Völkern war die Glasbereitung mit Soda oder Pottasche bekannt; erstere wurde als Naturprodukt in mazedonischen und ägyptischen Seen gefunden, während das kohlensaure Kali durch Auslaugen der Asche von Pflanzen und, wie Dioskorides berichtet auch durch Brennen von Weinstein gewonnen wurde. Es kam sein oft vor, daß diese Salze, weil beide ähnliche Wirkungen besitzen, verwechselt wurden; vielfach wurden dieselben zw Seifenbereitung, zum Waschen von Stoffen, Reinigen von Häuten, als Zahnpulver und schließlich als Beimischung zu Arzneien verwandt. Das hebräische „neter“ bedeutet wahrscheinlich Soda, während für beide Alkalisalze von Plinius das lateinische „nitrum“ gebraucht wird; von den Arabern rührt die Bezeichnung Alkali her. —

Die Töpferei hat das gleich hohe Alter wie die Glasbereitung. Bereits die Ägypter verstanden es, irdene Gefäße mit einer durchsichtigen Glasur zu überziehen. Von den Chinesen und Japanern wissen wir, daß sie in den ältesten Zeiten schon mit der Fabrikation von feinstem Porzellan vertraut waren.

Ein im Altertume vielfach geübter Teil der chemischen Technik war die Bereitung von Farbstoffen und die Färberei. Es ist sicher, daß die Juden, Ägypter und Perser die Kunst besaßen, aus den Gespinnstfasern Farben zu erzeugen; auch die Bibel (5. B. Moses) erwähnt derartiges an mehreren Stellen. Wie schon vorhin erwähnt, war den Alten als Beizmittel der Alaun, welcher bei der Gewinnung mit Alaunschiefer und Eisnvitriol vermischt ist, bekannt und bedeutete „alumen“, worunter im allgemeinen Substanzen von adstringierenden Eigenschaften verstanden wurden. Über die älteste Geschichte der Färbereien haben wir leider nur Vermutungen; die spärlichen Nachrichten, die wir besitzen, sind meist ungenau und ohne rechte Erklärung geblieben. — Der berühmteste Farbstoff in alter Zeit war der Purpur den die Phönizier aus einem Safte der Purpurschnecke gewannen. Der Gedanke der Kostbarkeit dieses Stoffes hat sich durch alle Zeiten hindurch erhalten. Mit dem Purpur verbinden wir noch heute den Begriff eines Königlichen Gewandes, und in der Katholischen Kirche ist er die Farbe der Kardinalstracht. Wir wollen hierbei nicht vergessen, daß Plinius die Anwendung des Krappstoffes sowohl, als auch die der Orseille (gätulischen Purpurs) kennt und in seiner Naturgeschichte ausführlicher bespricht. Indigoblau scheint damals mehr zum Malen als zum Färben gebraucht worden zu sein; sonst wurden als Malfarben mineralische Stoffe gebraucht, zur Zeit des Plinius hauptsächlich folgende: Bleiweiß. Zinnober, Mennige, Amralte, Grünspan, Eisenoxyd, Kienruß. Letzterer mit Gummi gemischt auch als Tinte. Schwefelblei hat, wie sich aus zahlreichen Untersuchungen der Neuzeit ergeben, die Grundlage der vielbenutzten ägyptischen Schminke „mesdem“ gebildet und nicht das natürliche Schwefelantimou, wie man sicher annahm. Das „mesdem“ war auch ein sehr geschätztes Heilmittel.

Auch die Bereitung von Seifen war schon sehr früh bekannt, und deren Anfertigung geschah nach Plinius in Germanien und Gallien und zwar: durch Umsetzung tierischer Fette mit Aschenlauge und Kalk. Ja, man machte damals sogar einen Unterschied zwischen harter imd weicher Seife, je nachdem Soda und Pottasche zur Verseifung verwendet worden war.

Bezüglich der Heilmittel, die den Alten bekannt waren, wovon wir schon mehrere erwähnt haben, müssen wir doch bei einigen organischen Substanzen verweilen, die im Altertum zur Anwendung gelangten. Wieder haben wir an erster Stelle die Ägypter zu nennen, welche chemische Präparate bei Krankheiten anwandten, z. B. dienten ihnen Grünspan, Bleiweiß, Bleiglätte, Alaun, Soda, Salpeter zur Anfertigung von Salben und anderen Medikamenten. Zur Zeit des Dioskorides wurde bei den Griechen schon die Herstellung von Bleipflastern aus Bleiglätte und Oel betrieben. Interessant ist ferner die Verwendung der schwefligen Säure, des Verbrennungsproduktes des Schwefels, zum Räuchern, zum Reinigen von Stoffen, zum Konservieren des Weines, zum Zerstören unechter Farbstoffe, also — zum Bleichen.

Von Säuren überhaupt kannten die Alten am längsten die Essigsäure, und man nahm die Gegenwart derselben in allen sauren Pflanzen an. Von dieser Säure hatte man die märchenhaftesten Vorstellungen; z. B. berichteten Linus und Plutarch, daß Hannibal auf seinem Zuge über die Alpen mittelst Essig Felsen aus dem Wege geräumt habe. Ferner erzählt Plinius, daß Kleopatira, um in einer Mahlzeit eine Million Sesterzien (Sestertius nummus auch bloß nummus — römische Silbermünze im Werte von 2 ½ As — ¼ Denar = etwa 17 Pfennige) verzehren zu können, kostbare Perlen in Essig aufgelöst habe, um alsdann diesen Trunk zu sich zu nehmen.

Tierische Fette spielen in der Heilkunde eine große Rolle: Plinius spricht vom Gebrauche des Wollfettes, desselben Stoffes, der heute noch als Lanolin im Handel ist. Ferner kannte man die Bereitung der Stärke aus Weizen, die Darstellung der fetten Öle aus Samen und Früchten, des Terpentinöls aus Fichtenharz, die Gewinnung des Erdöls, Oliven-, Mandel-, Ricinusöls standen in vielfacher Anwendung; das erstere z. B. benutzte man zur Extraktion ätherischer Öle aus Blumen und Blättern.

Schließlich wollen wir noch erwähnen, daß die alten Völker zwar die Gärung und die aus vergorenen Zuckerkräften gewonnenen Getränke kannten, sich aber über den dabei stattfindenden Vorgang keinerlei Ansicht bildeten.

Wir haben bis heute einfach registrierend die naturwissenschaftliche Kenntnis des Altertums aufgezählt, soweit sich dieselbe auf den Stoff bezieht. Es mußte uns auffallen, daß wir nirgendwo den Ansatz oder auch nur den Versuch einer natürlichen Erklärung finden. Es herrscht den empirischen Tatsachen gegenüber eine geradezu großartige Indolenz, und ches hat wohl im wesentlichen seinen Grund in der Vorherrschaft der reinen Spekulation. Eine auf Forschungen in der Erscheinungswelt gegründete Theorie der Materie besitzen wir aus jenen Zeiten nicht, wohl aber ausgearbeitete philosophische Lehrgebäude über diesen Gegenstand.

Wir müssen uns jetzt mit denselben befassen, denn sie haben die Entwicklung der Chemie wie des ganzen naturwissenschaftlichen Denkens auf Jahrhunderte hinaus entsprechend beeinflußt.


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