Ehrlich gesagt halte ich das Thema “Christentum als Mittel gegen Verfalls- und Auflösungserscheinungen” für wenig nützlich.
Und ich schreibe das als jemand, der individuell sehr wohl mit dem Katholizismus sympathisiert!
Zwar mag es durchaus Einzelnen oder auch kleinen elitären Gruppierungen gelingen, auf diese Weise eine bessere Verwurzelung und Stärkung zu erreichen, doch ist es völlig illusorisch zu glauben, dass eine Renaissance christlicher Vorstellungen in den hedonistisch-nihistisch geprägten europäischen Ländern möglich sei. Und nur dies würde uns voran bringen.
Es handelt sich also im besten Fall um ein Mittel zur geistigen Festigung einer kleinen bewussten Minderheit.
Die Gesellschaft als Ganzes lässt sich hierdurch kaum verändern oder gar festigen.
Dafür ist einerseits der geistig-kulturelle Verfallsprozess hin zum materialistischen Hedonisten, zum “letzten Menschen” schon zu weit vorangeschritten und ist die theologische Essenz des Christentums andererseits in sich zu schwierig, ja unlogisch und zu antiquiert als dass sie Reiz und Anziehungskraft für viele entfalten könnte.
Hinzu kommt, dass die politische Rückendeckung weggefallen ist. Vergessen wir nicht, dass auch um 1900 das Christentum nur noch durch massive staatliche Hilfe seine Stellung halten konnte.
Nun ist diese Hilfe immer mehr im Schwinden.
@Waldgänger
Vielleicht ist es ohnehin schon zu spät für eine Renaissance. Sehen Sie eine naheliegende Grundlage dafür? So etwas käme ja nicht aus dem Nichts, sondern müsste innerhalb weniger Jahre viele Millionen Menschen auf Grundlage eines kulturellen Gegenentwurfs vereinen. Innerhalb der Rechten sehe ich hier fast nur Ruinen früherer Utopien und Fragmente möglicher neuer Utopien, die Jahrzehnte brauchen würden, um daraus einen Gegenentwurf zu schaffen, der dann doch nicht die Substanz dessen hätte, was vor dem Bruch durch die Moderne über Jahrhunderte gewachsen war.
Die Gelegenheit zum Aufbau solcher Gegenentwürfe wird aber davon abgesehen kaum geben, weil jeder davon bereits im Frühstadium mit den bekannten Methoden in eine Nische gedrängt werden wird, aus der er niemals herauskommen wird. Traditionelle christliche Entwürfe stehen zwar auch unter Beschuss, aber es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis ihre Anhänger ähnlichem Druck ausgesetzt sind wie heute bereits die Vertreter anderer Gegenkulturen. Hier gibt es noch Räume, in denen sich Strukturen aufbauen können, ohne direkt zerschlagen zu werden.
Meine persönliche Vermutung (die nicht von allen im direkten Umfeld geteilt wird) ist, dass es so geschehen wird wie Jean Raspail in seinem Text über “Isolate” beschrieben hat. In 50 Jahren wird es wohl noch einige wenige relativ vitale Inseln des europäischen Erbes in einem Meer von Fremden und der erwähnten “letzten Menschen” geben. Die Idee einer Renaissance eines christlichen Abendlandes ist vermutlich illusorisch, wie Sie schreiben, aber das christliche Erbe hat schon schwierigere Zeiten erlebt als das, was in den nächsten Jahrzehnten bevorsteht. Es erscheint mir eine vertrauenswürdigere Grundlage zu sein als alle alternativen Konzepte die mir begegnet sind, auch weil es wahre Schätze an bereits erprobten kulturellen Beständen birgt, die sich in schwersten Zeiten schon bewährt haben. Auf die soll hier auf eine Art und Weise angeknüpft werden, die nicht auf Gegnerschaft zu anderen Grundlagen möglicher künftiger Isolate angelegt sein soll. Wer weiß schon, was sich langfristig doch noch an Perspektiven ergeben kann.