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REMBRANDT VAN RIJN (1606— 1669)

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von Kunstmuseum-Hamburg.de

Saskia van Uylenburgh


Als Fünfundzwanzigjähriger war Rembrandt 1631 von Leyden nach Amsterdam gezogen und 1634 heiratete er seine Saskia. Sie starb schon 1642, im Jahre der „Nachtwache“. Damit schliesst seine erste Amsterdamer Periode ab. — Von Saskias ziemlich zahlreichen Bildnissen ist dieses das glänzendste. Auf anderen erscheint sie anmutiger, manchmal mit Zügen von Liebreiz oder wenigstens Freundlichkeit, die hier fehlen, wo offenbar mehr der Eindruck einer gewissen stolzen Pracht gegeben werden sollte. Stoffe, Pelz und Federn hat Rembrandt niemals mit grösserer Liebe gemalt, Goldschmuck und Perlen kaum wieder so wirksam und nachdrücklich angewandt, als Hauptsache behandelt, wie hier. Seine Freude, die Geliebte mit allen diesen köstlichen Sachen zu umhängen, war noch so neu. Saskia ist als Braut aufgefasst, als Mädchen, mit dem Rosmarinzweiglein in der Hand. Dass sie so ganz scharf ins Profil gestellt ist, gereicht gerade ihrem Gesicht am wenigsten zum Vorteil. Es ist das Wagnis eines Künstlers, der weiss, was er durchführen kann; es gibt der Erscheinung etwas ganz Besonderes, wozu auch die zusammengenommene. Haltung mit den übereinander gelegten Händen stimmt. Unbekümmert um den Betrachtenden, spröde, mit dem Anstand einer Fürstin, steht sie da vor einem einfachen dunklen Hintergründe. Kein Detail sollte hier das Auge anziehen, ablenken von der ausgeführten Pracht dieser Figur in ihren leuchtenden und erwärmenden Farben. So stolz er auf sie war, so herrlich sollte sie auch im Bilde sein« — Das lebensgrosse Bildnis, unbezeichnet, wie manches, was Rembrandt für seinen eigenen Besitz gemalt hat, gehörte zu dem Kabinett der Frau van Reuver in Delft, das der Stifter der Kasseler Galerie, Landgraf Wilhelm VIII., in seinem ganzen Bestände erwarb.

Nicolaus Bruyningh

 

Wer bist du, Neidenswerter,
Deß Angesicht ein traumhaft Lächeln, Ein seliges und doch so rätselhaft vieldeutiges Umspielt, das ich nicht losen kann?
Bist du beglückt im Leben, oder nur im Träumt Siehst du die Menschen klein und dürftig, Armselig schattenhaft vorüberziehn,
Zufrieden, wenn sie hungern nicht und frieren?
Oder siehst in rosigem Lichte du
Fern glanzen einer goldnen Zeit Gesichte,
In der du schon im Geiste lebst?
Bist du ein Kind aus Eden, oder bist Ein Hamlet du, deß Wesen Er selber nimmer deuten kann?
Gleichviel, du scheinst mir glücklich,
So wie ich lächeln seh’ dein schönes Angesicht, Von ihm, dem großen Seelenkündiger,
Gebannt ins Bildnis, das wir staunend alle Den „Ni das Bruyningh“ nennen.

Der Architekt


Der sogenannte Architekt, in kindlicheren, aber auch phantasievolleren Zeiten als die unsere, „Archimedes“ genannt, gehört zu denjenigenWerken Rembrandts, angesichts deren man sich fragen muß, ob er ein Porträt oder einen Typus habe schaffen wollen. Zwar erhebt er sich in allen seinen mikrokosmischen Darstellungen über das Durchschnittsniveau landläufiger Bildnisse, indem er neben der Grundbedingung eines solchen, daß es, wie der Laie sagt, „gut getroffen“ sei, stets auch noch ein besonderes malerisches Problem zu lösen sucht, aber in der Darstellung dieses alten Mannes mit den versonnenen Augen, die über alles nächstliegende Körperliche hinweg sich in das Dunkel einer rätselhaften Zukunft vertiefen, hat er eine so überzeugende Verkörperung eines seelischen Prinzips geschaffen, daß wir an eine eng begrenzte Individualität nicht mehr denken können. Mit anderen Worten, wir haben vor diesem Meisterwerk das Gefühl, der Dargestellte sei Rembrandt nicht gesessen, um sich porträtieren zu lassen, sondern der geniale Künstler habe umgekehrt seine Erscheinung benutzt, um daraus ein typisches Bild der Erhabenheit durchgeistigten, tief ernsten Alters zu schaffen. Hätte dieser Greis das Winkelmaß nicht in der Hand, glaubte man einen der großen Propheten des alten Testa-ments vor sich zu haben, der im Begriff steht, seine erhabenen Zukunftsgesichte aufzuzeichnen, da er Papier und Schreibzeug gleichfalls zur Hand hat. Neben dieser seelischen Tiefe des Bildes fesselt uns in gleichem Maße auch die Hülle, die diesen Geist in die irdische Erscheinung treten läßt. Die edel gebaute, leuchtende Stirne, mit dem darüber gelagerten dichten grauen Haar, die schön geschwungene, charaktervolle Nase, der fragende, in die Ferne gerichtete Blick der dunkeln Augen, die in ernstem Schweigen geschlossenen, im dichten Bart fast versteckten Lippen, die fein organisierten Hände mit den im Alter hervorquellenden Adern, diese geistig bedeutendsten und deshalb unver* hüllten Teile des Menschen, vom verklärenden Pinsel des Meisters wundervoll festgehalten, sind in das leuchtende Rotbraun und goldige Blond eines pelzverbrämten Hausgewandes gekleidet und geben vereint einen ebenso mannigfaltigen als harmonischen Zusammenklang wohltuendster Farbenwerte.

Aus dem Buch “Album der Casseler Galerie” von 1907.


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