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G. A. Fischer: Afrika kolonisieren heisst den Neger arbeiten machen

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aus dem Kunstmuseum Hamburg

Es ist aber auch durchaus notwendig, auf unsere neuen Unterthanen belehrend und erziehend einzuwirken, da wir durch die Erwerbung überseeischen Besitzes mit den kolonialen Rechten auch koloniale Pflichten übernommen haben und unsere Schutzgebiete nicht bloss einseitig als Länder betrachten dürfen, denen möglichst viel zu entnehmen ist. Obendrein haben wir allen Grund, uns um die Eingeborenen zu kümmern, und mit Recht betont G. A. Fischer: Afrika kolonisieren heisst den Neger arbeiten machen. Denn in der unerschöpflichen Arbeitskraft der Eingeborenen besteht vor allem der grosse Schatz, den der dunkle Erdteil birgt. Sie stellen in der heissen Zone, wo die Europäer nicht arbeiten können und die Kulieinfuhr den Arbeiterbedarf nicht im entferntesten deckt, die einzig brauchbaren Arbeitskräfte und müssen mit der Zeit zu Abnehmern unserer heimischen Gewerbeerzeugnisse gemacht werden. Nur unter der Oberleitung des Europäers raffen sich die Neger zur Thätigkeit und zu höherer Gesittung auf. Fehlt die Führung durch eine höhere Rasse, so wird ihnen der geistige Fortschritt zum Fluche, und sie vermögen sich, wie die zerfahrenen Verhältnisse der unabhängigen Negerrepubliken Haiti und Liberia zeigen, nie zur Selbsterzichung und Selbstregierung emporzuschwingen. Allerdings wäre es falsch, die Schwarzen samt und sonders als träge zu verurteilen. Im Gegenteil, die Wei- und Kruneger, die Wanjamwesi, Waschamba und andere Stämme verdienen wegen ihrer Arbeitsamkeit uneingeschränktes Lob. Aber sie sind immerhin bloss als Ausnahmen anzusehen.

Daher war die plötzliche Aufhebung der Sklaverei ein schwerer wirtschaftlicher Fehler. Zwar führt man zu gunsten ihrer Beseitigung die moralischen Forderungen des Christentums und des heutigen Völkerrechts an. Aber in Wirklichkeit haben nicht Nächstenliebe und Menschenfreundlichkeit, sondern Handelsinteressen die Engländer veranlasst, mit der Unterdrückung des Sklavenhandels zu beginnen, nachdem sie im 18. Jahrhundert die ärgsten Sklavenhändler gewesen waren. Ebenso ist der nordamerikanische Bürgerkrieg von 1861/65 nicht um der Sklavenbefreiung willen, sondern aus volkswirtschaftlichen und handelspolitischen Gründen ausgebrochen. Jedenfalls wurden die freien Neger, die als Sklaven fleissig waren oder fieissig sein mussten, grösstenteils faule, arbeitsscheue Menschen, die in Amerika eine wenig angesehene gesellschaftliche Stellung einnehmen. Die Vereinigten Staaten konnten die schädlichen Nachwirkungen der Neger-Emanzipation leichter überwinden, weil die massenhafte europäische Einwanderung einen brauchbaren Ersatz ins Land brachte. Brasilien dagegen, das wegen seiner geringen europäischen Bevölkerung und seiner tropischen Lage durchaus auf Negerarbeit angewiesen war, hat durch die Sklavenbefreiung in seiner wirtschaftlichen Entwickelung einen argen Stoss erlitten.

Deutschlands Kolonien, Kurt Hassert, Quelltext.


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